: Sparanstrengung auf Kosten der Entwicklungshilfe
■ OECD berichtet über die internationalen Finanzflüsse in die Dritte Welt 1995
Paris (taz) – Die Entwicklungshilfe an die Länder der Dritten Welt ist 1995 weiter stark gesunken. Nach OECD-Angaben reduzierten die Industrienationen ihre Leistungen gegenüber dem Vorjahr um 9,3 Prozent. Besonders dramatisch waren die Rückgänge in den USA (minus 20 Prozent) und in Italien (minus 46). Mehrere kleine Länder hingegen – darunter Belgien, Niederlande und Irland – intensivierten ihre Hilfe.
59 Milliarden US-Dollar (90 Mrd. Mark) haben die 21 Mitgliedsländer des OECD-Entwicklungshilfekomitees – die 7 reichsten Industrienationen, die Mitglieder der EU sowie Australien und Neuseeland – 1995 für Entwicklungshilfe ausgegeben. Fast alle reichen Länder blieben damit hinter dem 1970 von der UNO gesteckten Ziel zurück, wonach 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Entwicklungshilfe gehen sollen. Die vier rühmlichen Ausnahmen von dieser Regel sind Dänemarkt (0,97 Prozent des BIP), Schweden (0,89 Prozent), Norwegen (0,87 Prozent) und die Niederlande (0,8 Prozent). Deutschland hatte 1995 für die Entwicklungshilfe nur 0,31 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes übrig (1994 waren es mit 0,34 Prozent noch ein paar Mark mehr). Als Hauptgrund für den Rückgang nannte die OECD die Haushaltsdefizite in den Industrieländern.
In absoluten Zahlen zahlte Japan auch 1995 wieder die meiste Entwicklungshilfe (14,5 Milliarden US-Dollar), gefolgt von Frankreich (8,4 Milliarden US-Dollar) und Deutschland (7,5 Milliarden US-Dollar). Die USA rutschten 1995 von dem zweiten auf den vierten Platz ab.
Parallel zum Rückgang der Hilfe aus öffentlichen Mitteln verstärkte der private Sektor sein Engagement. 1995 floß laut OECD privates Kapital in Höhe von 170 Milliarden US-Dollar – mehr als zweimal soviel wie in den beiden Vorjahren – in die Dritte Welt. Sowohl die Direktinvestitionen als auch die Bankkredite stiegen. Allerdings konzentriert sich dieser Finanzfluß auf knapp 20 Länder. Während Thailand und Korea zahlreiche kurzfristige Kredite erhielten, schnitt Lateinamerika wegen der mexikanischen Finanzkrise am Jahresanfang 1995 schlecht ab. Dorothea Hahn
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