piwik no script img

Stadtamt-Chef klagt gegen Innensenator

■ Einstweilige Verfügung beantragt, weil der Dienstherr über seinen Untergebenen herzieht

Das Bremer Verwaltungsgericht hat einen pikanten Fall zu beurteilen: Am Freitag vergangener Woche flatterte dem Gericht der Antrag auf eine einstweilige Verfügung auf den Tisch, und die hat es in sich. Antragsteller: Hans-Jörg Wilkens, Leiter des Bremer Stadtamtes. Sein Gegner: Niemand geringerer als sein eigener Dienstherr, Innensenator Ralf Borttscheller. Wilkens will Borttscheller per richterlichem Beschluß untersagen lassen, daß der noch mal öffentlich über seinen Untergebenen, ihn, den Stadtamts-Chef, herzieht.

Der Anlaß für den innerbehördlichen Krawall liegt nur ein paar Tage zurück. Anfang Juni hatten die KollegInnen vom Weser-Kurier über elend lange Wartezeiten bei der Bremer Führerscheinstelle berichtet, eine Behörde unter Wilkens Leitung. Sie hatten den Innensenator zu diesem Problem befragt, und der hatte bereitwillig Auskunft gegeben, offensichtlich nicht ohne eine gewisse innere Erregung: „Ich schäme mich für meine Behörde“, hatte Borttscheller diktiert. „Herr Wilkens muß sich die Frage gefallen lassen, ob er seinem Amt gewachsen ist. Ich bin mehr als erstaunt, daß ihm die Personalengpässe (bei der Führerscheinstelle, d.Red.) erst jetzt aufgefallen sind.“ Insbesondere die beiden letzten Sätze scheinen Wilkens schwer getroffen zu haben. Denn genau diese beiden Sätze sind es, die ihn jetzt auf die juristische Palme getrieben haben. Borttscheller, so der Antrag bei Gericht, solle untersagt werden, diese beiden Sätze noch einmal zu wiederholen.

Und Wilkens kann sich in guten juristischen Schuhen sehen, das zumindest meint sein Anwalt Waldemar Klischies. Der hat nämlich ein druckfrisch veröffentlichtes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem letzten Mai vorliegen. Da war letztinstanzlich ein Streit zwischen dem Nordrhein-Westfälischen Kultusminister und einem seiner Untergebenen entschieden worden. Und das Gericht hatte festgestellt, daß es einem Beamten prinzipiell untersagt ist, sich durch einen Schritt in die Öffentlichkeit mit seinem Dienstherrn auseinanderzusetzen. Wenn er das tut, macht er sich strafbar. Umgekehrt, so die RichterInnen, würde aber erst recht ein Schuh daraus. Auch dem Dienstherrn sei es untersagt, öffentlich über seine Untergebenen zu mosern. Klischies: „Schließlich hat ein Senator oder Minister ungleich bessere Möglichkeiten, in die Medien zu kommen. Und er ist gegenüber dem Beamten auch noch weisungsberechtigt.“

„Wir sehen uns vor Gericht“, mehr sagt Klieschies zur Sache aber nicht, und Wilkens sagt gar nichts. Klieschies: „Wir werden uns doch nicht über den Dienstherrn äußern. Da würden wir doch genau das machen, was wir dem Senator vorwerfen.“ Allerdings hatte sich Wilkens am vergangenen Samstag in einem Leserbrief doch noch zur Sache geäußert. Da hatte er sich vor seine MitarbeiterInnen gestellt. Für die technischen und personellen Rahmenbedingungen könnten sie nichts. Es gebe „keinerlei Anlaß, sich für meine Behörde, das Stadtamt, zu schämen.“ Über den Senator allerdings schrieb Wilkens keine Zeile.

Auch Borttscheller schweigt zur Sache. Wer gedacht hat, das könne darauf hindeuten, daß der Senator die Angelegenheit diskret regeln wolle, der täuscht sich. „Der Senator hat den Antrag auf einstweilige Verfügung erwidert“, ließ Borttscheller gestern durch eine Sprecherin des Innenressorts verbreiten. „Nun muß das Gericht entscheiden.“ J.G.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen