Diakonie gegen Sozialvertrag

■ Vertrag über Zuwendungen für soziale Projekte entzweit Liga der Wohlfahrtsverbände. Diakonie lehnt Rolle des "Komplizen" der Sparpolitik ab

Das Diakonische Werk will sich von Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) nicht vereinnahmen lassen. Der Vorstand der Diakonie hat gestern entschieden, dem „Vertrag über die Verwaltung von Zuwendungsmitteln für soziale Projekte“ nicht zuzustimmen. Der Vertrag mache die Wohlfahrtsverbände zu Komplizen eines schleichenden Sozialabbaus und degradiere die Wohlfahrtsverbände zu Behörden.

Das Abkommen zwischen der Sozialsenatorin und der Liga der Wohlfahrtsverbände sollte diesen Freitag geschlossen werden. Es sieht vor, ab 1. Juli ein Fördervolumen in Höhe von jährlich 40 Millionen Mark für Projekte der Sozialarbeit mit alten Menschen, Behinderten und Obdachlosen auf die Liga der Wohlfahrtsverbände zu übertragen – die Hälfte des bisher von der Sozialsenatorin verwalteten Zuwendungstopfes.

„Wir sind für eine vertragliche Lösung, aber nicht so“, sagte der Direktor der Diakonie, Eckhard Steinhäuser, gestern. Der Vertrag verschont die Wohlfahrtsverbände bis 1999 zwar vor unerwarteten Kürzungen, senkt aber die Mittel jährlich um fünf Prozent ab.

Personell seien die Wohlfahrtsverbände außerdem gar nicht auf die Bewirtschaftung eines so immensen Betrages vorbereitet, weil der Vertrag erst letzte Woche den Hauptausschuß passierte. Sie müssen ihr Personal laut Vertrag zudem von jenem Geld bezahlen, „das eigentlich für die Projekte bestimmt ist“, bemängelte Steinhäuser. Auch der Hauptausschuß hatte dies gerügt.

Arbeiterwohlfahrt, Caritas, der Paritätische, die Jüdische Gemeinde und das Rote Kreuz wollen der Kooperation mit der Sozialverwaltung trotz Bedenken zustimmen. „Auch ich habe Bauchschmerzen mit dem Vertrag“, meinte Oswald Menninger, stellvertretender Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Die Liga beteilige sich damit an der Kürzungspolitik und verliere an institutioneller Unabhängigkeit. Die bis 1999 vereinbarte Kooperation verhindere aber „ein weiteres Massakrieren der Zuwendungen für soziale Projekte“, sagte Menninger. Bei der letzten Sparrunde hatten die caritativen Verbände rund ein Viertel der vorgesehenen Mittel eingebüßt. Christian Füller