: Scharon und Levy müssen vorerst draußen bleiben
■ Israels neuer Regierungschef Benjamin Netanjahu stellt sein Kabinett vor: Die Minister wirken gemäßigt, aber ihr Programm nicht. Palästinenser sind entsetzt
Jerusalem/Tel Aviv (taz/AFP) – Nach zähen Verhandlungen hat der künftige israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gestern sein 15köpfiges Kabinett vorgestellt. Die Schlüsselpositionen werden als eher gemäßigt geltende Politiker innehaben. Netanjahu wird selbst Außenminister und Wohnungsbauminister. Der für das Außenministerium vorgesehene David Levy hatte zuvor den Posten abgelehnt, weil Netanjahu sich weigerte, den Hardliner Ariel Scharon ins Kabinett zu lassen.
Der pensionierte General Jitzhak Mordechai übernimmt das Verteidigungsministerium, Dan Meridor wird Finanzminister und Avigdor Kahalani ist für Innere Sicherheit zuständig. Alle drei gelten als eher moderat.
Die religiösen Parteien werden neben dem Innen- und Erziehungsministerium das Arbeits-, das Sozial- sowie das Verkehrs- und Energieressort besetzen. Die Einwandererpartei Israel Be Alya stellt den Handels-, Industrie- und Einwanderungsminister.
Das Wohnungsbauministerium, das ursprünglich Scharon übernehmen sollte, war zwischenzeitlich dem stellvertretenden Parteivorsitzenden der ultra-orthodoxen Vereinten Torahpartei, Meir Porush, zugesprochen worden. Die Vereinte Torah hatte am Vortag als letzte Partei eine Koalition mit Netanjahu vereinbart. Scharon zog sich daraufhin schmollend auf seine Farm in der Negev-Wüste zurück; Levy kündigte aus Solidarität mit ihm seine Mitarbeit in der Regierung auf. In Jerusalem geht man davon aus, daß in der Angelegenheit noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Levy und Scharon könnten in den folgenden Tagen in die Regierung nachrücken.
Während die neue Regierung eher gemäßigt wirkt, erweckt ihr bereits am Montag vorgestelltes Programm alles andere als den Eindruck einer Kompromißformel: Jerusalem soll ungeteilte Hauptstadt Israels bleiben, der Golan bleibt unter israelischer Kontrolle, dort und im Westjordanland sollen neue Siedlungen gebaut werden, eine palästinensischen Staat werde es nie geben.
Unter Palästinensern lösten diese Punkte Entsetzen aus. „Die politischen Richtlinien Netanjahus stellen einen Versuch dar, den Friedensprozeß zu begraben“, meinte der Vorsitzende der palästinensischen gesetzgebenden Versammlung, Ahmad Qoreih (Abu Ala'a). Besonders beunruhigt ihn die Feststellung, daß israelische Truppen künftig „überall“ operieren sollen – also auch innerhalb der palästinensischen Autonomiegebiete – , wenn die israelischen Behörden dies für angebracht halten. Und für den für kommunale Angelegenheiten der palästinensischen Selbstverwaltung zuständigen Saib Erekat ist das Programm ein „Rezept für eine Katastrophe“. awo
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