: Gelbe Karte für Union-Skandal
Bündnisgrüne und PDS wollen finanzielle Hilfestellung des Senats und des Bezirksamtes Köpenick für die Fußballer vom FC Union vor einen Untersuchungsausschuß bringen ■ Von Severin Weiland
Fußball ist derzeit auch bei den Oppositionsparteien ein wichtiges Thema. Neben der Europameisterschaft beschäftigt PDS und Bündnisgrüne jedoch weit mehr ein lokaler Querschläger: der merkwürdige Grundstücksdeal beim FC Union und die Verstrickungen von Senat und Bezirksamt Köpenick. Um Licht in die Abläufe zu bringen, werden beide Parteien nach der Sommerpause die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses auf den Weg bringen. Zusammen verfügen PDS und Bündnisgrüne über 64 Stimmen und damit 12 mehr, als das Quorum vorschreibt. „Der Antrag wird auf der ersten Sitzung des Parlaments am 29. August eingebracht“, so der bündnisgrüne Fraktionssprecher Matthias Tang. Aufgehellt werden soll die Rolle, die Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD), ihr Vorgänger Elmar Pieroth (CDU), Staatssekretär Peter Kurth (CDU) und der Köpenicker Bürgermeister Klaus Ulbricht (SPD) spielten.
Das eigentümliche Sponsoring des Senats (siehe taz vom 3. Juni) wurde mittlerweile zum Bumerang: Bauunternehmer Manfred Albrecht hat seine Unterstützung für den Verein zurückgezogen. Der Dortmunder, so heißt es, sei derzeit finanziell überfordert.
Albrecht ist eine der Schlüsselfiguren in der fehlgeschlagenen Rettungsaktion für den DDR-Club, der schon fünfzigmal vor dem Konkurs stand. Der bisherige Ablauf ähnelt einem mißlungenen Steilpaß: Zunächst hatte der Senat dem maroden Klub ein Erbbaurecht für ein sieben Hektar großes Gelände an der Wuhlheide 250 eingeräumt. Die Fußballer überließen das landeseigene Grundstück für 15 Millionen Mark dem Sponsor Albrecht, mit dem zuvor über die Entwicklung eines Büro- und Gewerbekomplexes verhandelt worden war. Doch statt mit den Bauarbeiten zu beginnen, belastete Albrecht das Gelände bei der Hamburgischen Landesbank umgehend mit 12 Millionen Mark, die er mit Zustimmung und auf ausdrücklichen Wunsch des Senats an den Verein zahlte.
Zumindest geht dies aus einem Vermerk des Finanzstaatssekretärs Kurth vom 5. September 1995 hevor: „Wesentliche Voraussetzung für das weitere Verfahren ist, daß seitens der Firma Albrecht GmbH die Verbindlichkeiten des FC Union einschließlich der Steuerverbindlichkeiten getilgt werden.“ Am 13. Oktober wiederholte Kurth, daß die Finanzverwaltung einer „Grundschuld in Höhe der noch ausstehenden Verbindlichkeiten des 1. FC Union zustimmen wird“.
Der Clou: Die Verpflichtungen gegenüber der Hamburger Bank, die offenbar die Gelder im Glauben an einen der geplanten Büro- und Gewerbekomplexe ausgezahlt hatte, werden aller Voraussicht vom Steuerzahler beglichen: Fünf Millionen Mark übernimmt der Senat und weitere sieben Millionen Mark der Bezirk, wenn bis Ende des Jahres kein anderer Investor für den Sport- und Bürokomplex Wuhlheide gefunden wird. Darauf hatte nicht zuletzt Köpenicks Bürgermeister Ulbricht am 19. März 1996 in einem Schreiben an den Deutschen Fußballbund (DFB) hingewiesen: Im Falle eines Scheiterns der Entschuldung trage „der Senat beziehungsweise das Bezirksamt Köpenick das finanzielle Risiko“.
Nach dem plötzlichen Rückzug Albrechts hat in Köpenick die Suche nach einem neuen Investor begonnen. Ulbricht versprach jüngst, nochmals mit Albrecht und drei weiteren Interessenten über das Bauprojekt an der Wuhlheide 250 zu verhandeln.
Während in den nächsten Wochen Ulbricht auf Inverstorensuche ist, werden Bündnisgrüne und PDS ihren Fragenkatalog für den Untersuchungsausschuß erarbeiten und später aufeinander abstimmen. CDU und SPD werden sich des Themas wohl ebenfalls annehmen, um Einfluß auf den Ausschuß zu gewinnen. Den Fragenkatalog der Opposition, so Tang, werden die Regierungsparteien allenfalls „ergänzen, aber nicht verändern können“.
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