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Grüße aus ManchesterEat my Goal

■ Euro 96: Beherrscht von Bastard-Popstars und Zahlen

Hier kommt die wichtigste geschichtliche Zahl dieser Tage: 1588.

Seit damals hat England in einem großen internationalen Wettbewerb nicht mehr gegen Spanien verloren. Und auch da mußte bekanntlich die Armada die Segel streichen.

Hier kommt die wichtigste statistische Zahl dieser Tage: 97.

97 Prozent der jungen Männer sagen, sie würden an einem lauen Sommerabend lieber etwas anderes tun, als Fußball zu gucken. Dies ergab eine Umfrage unter 1.015 Briten. Es ist halt nur so, daß sie keine Wahl haben.

Hier kommt Andreas Möllers aktuelle Beschreibung des sonntäglichen Viertelfinalgegners Kroatien: „Superleute!“

Möller sagt, er sei „eigentlich froh, daß die Italiener nicht mehr dabei sind.“ Weil die so „stark“ waren. Thomas Helmer, der immer annimmt, daß jeder alles weiß, weist diesbezüglich darauf hin, „jeder“ wisse, „daß Italien Kroatien geschlagen hat“. Helmer sagt, die Kroaten hätten „sehr, sehr gute Einzelspieler“. Möller: „Superstars!“

Während dies im Pressezentrum Old Trafford geschrieben wird, säuselt im Hintergrund „Three lions on a shirt, Jules Rimet ...“ Und das: Uno–uno–zero–nove. Eine Stimme liest Nummern vor. Milleottocentotrenta. Die Nummern sind Journalisten, die noch keine Karte für das Spiel haben. Mille e quaranta. Und jetzt eine kriegen. Mille e centocinquanta. Oder auch nicht. Duemila e trenta.

„Gerade als man dachte, man könne wieder beruhigt auf die Ränge der Fußballstadien gehen“, schreibt der New Musical Express in seiner neuesten Ausgabe, „muß man erkennen, daß sie voller Bastard-Popstars sind, die Bastard-Platten machen, um Unser Großes Spiel zu feiern.“ Die letzten beiden wesentlichen BPs: „Back home“ von der Serious Drinking Euro 96 Squad sowie Collapsed Lung mit dem Titel „Eat my Goal“.

Aber ja, Coke: Wir essen Fußball. Wir schlafen Fußball. Und wenn wir ein besonders schönes Tor kennenlernen, werden wir es heiraten, ihm viele kleine Törchen machen und auf einer kleinen karibischen Insel leben. Allerdings nur auf einer, wo es definitiv keinen Coke- Automaten gibt.

Wir wissen: So eine Insel zu finden, das wird nicht einfach. pu

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