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Die wunderbare Kraft der schlechten Laune

■ Haß auf die Welt als Erkenntnisquelle: Roberta Gregorys Heldin „Bitchy Bitch“

Mit ihrer ostentativen Lebensfreude verderben einem gutgelaunte Menschen häufig den Tag und stürzen einen in üble Unglücklichkeitsgefühle. Umgekehrt geht's auch: wenig vermag die dahergelaufenen Lebensunlustgefühle so gut zu bekämpfen wie superschlechtgelaunte Freunde, die ständig herummeckern – besonders an den Dingen, die im allgemeinen Wohlgefallen erregen.

Während einen also die mitfühlendverstehenwollenden Sätze von Freunden, die einem beweisen wollen, daß das eigene Leben doch nicht so mißraten sei, meist rettungslos in noch übleren Depression versinken lassen, während der Schlechtgelaunte den Gutgelaunten um so mehr haßt, je mehr der sich bemüht, ihn mit seinem debilen Lebensfrohsinn anzustecken, ist es schön und vertreibt den Lebensunmut, wenn jemand das Leben noch blöder findet als man selbst und besonders beleidigende Worte dafür findet. Mit Menschen klappt das leider nicht immer, also nimmt man in übelster Stimmung einen Roman von Thomas Bernhard oder eben einen der mittlerweile vier in Deutschland erschienenen „Bitchy Bitch“-Comics von Roberta Gregory. Das baut auf und ist also klasse.

Bei Bitchy Bich klappt nie was; Bitchy Bitch ist so um die dreißig, lebt allein und ist stets schlecht gelaunt. Die kurzen Momente einer besseren Stimmung dienen nur dazu, ihre Weltverdrossenheit um so schöner hervortreten zu lassen. In einem ununterbrochenen inneren Monolog beschimpft sie die mißratene Welt.

Sie macht irgendeinen Mistjob in irgendeinem Mistbüro, kann ihre KollegInnen, „die blöden Schlampen“, nicht leiden, sie findet, daß sie scheiße aussieht, sie haßt jedes Wetter und besonders den Sommer: „Dieser Sommer vergeht nie – Mist.“ Jeder Tag ist ihr ein neues kopfschmerzgeschütteltes Ärgernis - „Mist ... der Tag fängt ja schön an ... Ich hab' Kopfschmerzen und bin geil ... Mist ... Na ja ... wenigstens ist Donnerstag ... Nein ... SCHEISSE!!! ... ist ja erst Mittwoch ... Mist!“ Verliebt in ihren Weltverdruß, verprellt sie alle potentiellen Liebhaber.

Natürlich geht auch jedes Wochenende daneben: Anstatt auszugehen, sitzt sie Samstag abend vor dem Fernseher und schaut sich Sendungen an, die „Degenerative Krankheiten und du“ oder „Leben nach dreißig?“ heißen und onaniert mißgelaunt, um „diesen Schleimsack“, den sie begehrt, aus ihren Phantasien zu verdammen.

Im Gegensatz etwa zu den eher nichtsnutzigen Helden männlicher Lebensunlust von Jeff Levine („No Hope“, bei Jochen Enterprises), die sozusagen realistisch depressiv ihre ereignislosen Tage trinkend und kiffend zubringen und die Welt im ganzen schrecklich finden, unterscheidet Roberta Gregorys Heldin tausend Dinge, die ihrer zickig offensiven Destruktivität neue Nahrung geben. Ihr vielfältiges Universum der schlechten Laune stimmt durchaus heiter. Detlef Kuhlbrodt

Roberta Gregory: „Bitchy Bitch“. Edition Comic Speedline. Bisher 5 Bände, je 64 Seiten, à 19,80 DM

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