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Beef? Ja – für Nicht-EU-Länder

■ Staats- und Regierungschefs geben verklausulierte Erlaubnis für britische Fleischexporte in Drittländer

Florenz (taz) – Die britische Regierung hat ihre Blockadepolitik gegenüber der Europäischen Union beendet. Auf dem EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Florenz erklärte der britische Premier John Major, er habe bedeutende Zugeständnisse erreicht und werde deshalb ab sofort wieder normal an den Geschäften der EU teilnehmen. Über den Preis, den die EU-Chefs dafür bezahlt haben, gibt es jedoch unterschiedliche Versionen.

Der zwischen der EU-Kommission und der Regierung in London ausgehandelte Rahmenplan zur Ausrottung der Rinderseuche BSE und zur schrittweisen Lockerung des Exportverbots für britisches Rindfleisch wurde in Florenz einstimmig angenommen. London akzeptierte, daß mindestens 147.000 BSE-verdächtige Rinder getötet und vernichtet werden und darüber hinaus eine Reihe von hygienischen Maßnahmen getroffen werden müssen, bevor die EU-Kommission das Embargo „auf der Basis objektiver wissenschaftlicher Erkenntnisse“ lockern soll. Ein Zeitplan wurde nicht vereinbart.

Den umstrittenen Punkt über die Freigabe von Fleischexporten in Drittländer versteckten die EU-Chefs in einer gesonderten Erklärung der italienischen Ratspräsidentschaft. Darin wird die EU-Kommission aufgefordert, Anfragen von Nicht- EU-Ländern, die britisches Rindfleisch kaufen wollen, zu prüfen und von Fall zu Fall zu entscheiden. Der britische Außenminister Malcolm Rifkind verkündete stolz, alle EU-Partner hätten zugestimmt. Andere, wie der österreichische Kanzler Franz Vranitzky, lehnten die Verantwortung ab. Die Kommission werde ohnehin kein Fleisch freigeben, dessen Verkauf aus gesundheitlichen Gründen in der EU verboten sei. Die Zusatzerklärung sei außerdem von den Staats- und Regierungschefs nicht diskutiert und schon gar nicht beschlossen worden. Tatsache ist jedoch, daß solche Erklärungen rechtlich bindend sind, solange kein Land sein ausdrückliches Veto einlegt. Es ist inzwischen in der EU üblich geworden, auf diese Art Beschlüsse zu fassen, für die sich niemand offen schämen will. Alois Berger Seite 7

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