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Die Platte bröckelt länger

■ Bausenator: Seit 1991 wurden eine Milliarde Mark in die Sanierung der östlichen Großsiedlungen gesteckt. Jetzt deutliche Kürzungen beim Sanierungsprogramm

Die „Platte“ bröckelt länger als geplant. Bei der Erneuerung der maroden Ostberliner Großsiedlungen in Marzahn und Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow geht es langsamer und mit weniger Geld voran. So muß das Sanierungsprogramm des Senats, das ursprünglich auf zehn Jahre angelegt war, wegen der angestrebten Haushaltskonsolidierung um zwei bis drei Jahre „gestreckt“ werden. Die Instandsetzung von 150.000 Wohnungen sowie die Begrünung von Freiflächen zieht sich bis ins Jahr 2005. Insgesamt wurde das Milliardenprogramm um fast 20 Prozent gekürzt.

Bausenator Jürgen Klemann (CDU) zog gestern dennoch eine positive Bilanz der Plattenbausanierung. Eine Milliarde Mark sei seit 1991 in die Erneuerung der östlichen Großsiedlungen investiert worden. Nach Angaben des Bausenators wurden bei 23.000 Wohnungen mit einem Volumen von 724 Millionen Mark Balkone, Fenster, Innenräume und die Wärmedämmung instandgesetzt. Für 1996 stehen dafür weitere 270 Millionen Mark zur Verfügung. Klemann: „Nach fünf Jahren Sanierung ist die Platte salonfähig geworden.“

Besonders weit sei das Programm zur Wohnumfeldverbesserung vorangeschritten. 274 Millionen Mark flossen in die Gestaltung von 155 Wohnhöfen, den Bau von 295 Bolz- und Spielplätzen und die Pflanzung von 18.000 Bäumen. Der Bund und die Wohnungsbaugesellschaften beteiligten sich mit 76 Millionen Mark an den Umbauarbeiten. Um die fehlenden Mittel auszugleichen, wollen die Wohnungsbaugesellschaften sowie der Bausentor in einer „Public-private-partnership-Initiative“ privates Kapital aktivieren.

Während sich die Senatsbauverwaltung zufrieden über den Wohnungsneubau in Hellersdorf (1.500) und Marzahn (1.000) zeigte, kritisierte Plattenbau-Projektleiterin Monika Schümer- Strucksberg den Fortgang der Fassadensanierung. Die Wohnungsbaugesellschaften gingen noch zu sorglos mit der Farbgestaltung um. Für die Renovierung der Hochhäuser auf der Fischerinsel in Mitte plädierte Schümer-Strucksberg sogar für die Auslobung eines Fassadenwettbewerbs.

Die Plattenbau-Euphorie des Bausenators teilen die östlichen Wohnungsbaugesellschaften (WBG) nur eingeschränkt. Während die WBG-Marzahn die Sanierungsarbeiten als klare Steigerung des Wohnumfeldes beurteilt, bleiben die Probleme bei der Neuvermietung von Wohnungen in Hochhäusern und bei der Privatisierung der Plattenbuden, so deren Sprecherin Hoplitschek. Von 36.000 Wohnungen seien bis dato nur 178 Wohnungen verkauft. Rolf Lautenschläger

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