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„Staatsanwälte ermitteln nicht“

■ Bremer Anwälte und ARAB kritisieren Staatsanwaltschaft

Das Antirassismus-Büro (Arab) und die Bremer Anwälte Barbara Kopp und Günter Werner haben schwere Vorwürfe gegen die Bremer Staatsanwaltschaft erhoben: Im Zusammenhang mit Strafanzeigen wegen der umstrittenen Brechmittelvergabe würde die Behörde schlampig ermitteln und Verfahren verschleppen. „Von Ermittlungen im engeren Sinne kann überhaupt nicht gesprochen werden“, kritisierten Arab und die Anwälte gestern.

Um diese Vorwürfe zu untermauern, führte das Arab vier Beispiele an, darunter das eines 15jährigen Schwarzen, der im August 1994 wegen Dealerei verhaftet worden war. Er behauptet, der Arzt und die Polizisten hätten ihn mit Faustschlägen gezwungen, das Brechmittel „Ipecacuanha“ zu schlucken. Drogen wurden bei ihm nicht gefunden. Sein Hausarzt attestiert ihm später eine Augenprellung. Gegenüber einem Sozialarbeiter soll der Polizeiarzt behauptet haben, die Verletzung habe sich der junge Mann „beim Möbelrücken“ zugezogen. Bei der Polizei sagte der Mediziner aus, der Beschuldigte habe sich so heftig gewehrt, daß ihm ein Äderchen im Auge geplatzt sei. Die Staatsanwaltschaft hat den Sozialarbeiter nie als Zeugen vernommen. Das Verfahren wurde eingestellt. Jetzt hat die Generalstaatsanwaltschaft den Einstellungsbescheid aufgehoben. Das gilt auch für einen weiteren Fall. Ansonsten würde die Generastaatsanwaltschaft allerdings nach Aktenlage entscheiden und keine eigenen Ermittlungen anstellen.

Staatsanwaltschaftliche Ermittlungsfehler seien in solchen Verfahren die Regel. „Es drängt sich der Verdacht auf, daß Menschen aus Afrika anders behandelt werden als andere“, resümiert Anwalt Werner. Die Zeugen würden z.B. erst gehört, nachdem die Anwälte die Vernehmung beantragt hätten. Den Beschuldigten würde häufig nicht nur Brechmittel, sondern auch danach Salzwasser und Rizinusöl verabreicht. Ob dies den „Regeln der ärztlichen Kunst“ entspreche, interessiere die Staatsanwaltschaft aber offenbar nicht. Außerdem würde die Behörde grundsätzlich den Polizeibeamten glauben.

„Polizisten sind auch keine notorischen Lügner. Ist doch klar, daß man ihnen eher glaubt“, bestätigt Jan Frischmuth, Leiter der Staatsanwaltschaft. Zu den Vorwürfen äußert er sich nicht: „Es ist schwer, zu solchen pauschalen Vorwürfen etwas zu sagen. Man müßte die Einzelfälle prüfen.“ Sicherlich gebe es auch unter den Polizisten „schwarze Schafe“, räumt Frischmuth ein. Aber: „Ich habe Vertrauen zur Polizei.“

Zwei Polizeibeamte wollten gestern die Pressearbeit des Arab kontrollieren. Erst als die Journalisten protestierten, verließen die Beamten der Kripo den Saal. kes

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