Die Linie 4 kommt in Bewegung

■ SPD- und CDU-Baupolitiker einigen sich auf Trassenverlauf / Horner Kaufmann will klagen

Die Große Koalition ist vorsichtig dabei, eine der größten politischen Bomben der Legislaturperiode zu entschärfen: Nach monatelangen Auseinandersetzungen haben sich die BaupolitkerInnen von SPD und CDU über die Linie 4 geeinigt. Die soll, wenn es bei den Beschlüssen bleibt, nun doch direkt auf der Lilienthaler Heerstraße fahren, daneben die Autos auf jeweils einer überbreiten Fahrspur. Die rund 150 Bäume auf dem Mittelstreifen müssen weichen. Dafür ist die Planung für eine Autotrasse durch das Hollerland vom Tisch. Allerdings: Noch ist die Entscheidung nicht von allen Gremien abgesegnet, insbesondere nicht von denen der CDU. Deshalb war keine offizielle Stellungnahme zu der jüngsten Entwicklung in Sachen Linie 4 zu bekommen. Allerdings eine aus Horn: Da überlegt schon der erste Kaufmann, gegen die Pläne zu klagen.

In der letzten Woche hatten sich die Baudeputierten der Großen Koalition zusammengesetzt, um über die umstrittene Bahn zu beraten. Auf dem Tisch lag ein ganzes Bündel von Planungsvarianten, die der Bausenator allesamt hatte prüfen lassen. Der Streit ging vor allem um die Frage, ob es eine Entlastungsstraße für den PKW-Verkehr geben müsse, wenn die Linie 4 auf der Lilienthaler Heerstraße fahren soll. Da hatte der Bausenator völlig überraschend eine Trasse durch das Hollerland vorgeschlagen. Aber schon vor Wochen hatte die behördeninterne Prüfung im Hause Schulte ergeben, daß eine verbreiterte Heerstraße den Verkehr gut aufnehmen könne. Verlieren würden dabei die Eichen auf dem Mittelstreifen, und zwar ihr Leben.

Genau das ist die Variante, auf die sich die FachpolitikerInnen der Koalition nun geeinigt haben, allerdings als geheime Kommandosache. Die SPD, die den Bau der Straßenbahnlinie in den Koalitionsverhandlungen und hernach gegen heftige Widerstände durchgedrückt hatte, hat naturgemäß keine großen Probleme mit dem Beschluß. Die hat nun die CDU, in der der Unmut über die Linie 4 immer noch erheblich ist. „Ich bin nach wie vor gegen die Linie 4, weil ich sie für Quatsch halte“, sagte gestern Stephan von Dellingshausen, Vorsitzender der Horn-Leher CDU und Mitglied der Wirtschaftsdeputation. „Aber das ist meine Privatmeinung. Ich bin nicht autorisiert, zu irgendwelchen Beschlüssen Stellung zu nehmen.“ Das habe die CDU-Fraktion so beschlossen, nachdem der Baupolitiker Dieter Focke in einem taz-Interview gegen seinen Parteifreund Schulte gestänkert hatte.

Heftige Empörung hat der Geheimbeschluß allerdings schon bei denjenigen Horner Kaufleuten ausgelöst, die erbittert gegen die Straßenbahnlinie kämpfen, allen voran der Textilhändler Günter Brockmann: „Grüne und Rote lassen Bäume fällen, Hauptsache der Verkehr bricht zusammen.“ Er prognostiziert das große Geschäftesterben in Horn, wenn die Straßenbahn kommt. Vor seinem Geschäft würden nach der Straßenverbreiterung nur noch 3,40 Meter Fuß- und Radweg übrigbleiben. „Das wird alles viel zu eng.“ Nun will er mit seinen MitstreiterInnen überlegen, juristisch gegen die Planungen vorzugehen. Das Oberverwaltungsgericht habe schon einmal festgestellt, daß die Planungen der Lebensqualität in Horn Rechnung tragen sollten. „Dann müssen wir halt das Gericht noch mal fragen, ob wir die Lebensqualität abschreiben müssen, um die Linie 4 zu kriegen.“ Politisch enttäuscht ist er allerdings nicht. „Die CDU hat halt die Wahl nicht gewonnen.“ J.G.