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Das Geheimnis der Reibrolle

Paris (dpa/taz) – Im Juni 1946 rollte sie im Pariser Vorort Courbevoie erstmals vom Fließband – eine Legende der niederschwelligen Mobilität, die zeitlupenschnelle Velosolex. Der „Nasenwärmer“, ein neuentwickelter Hilfsmotor, der über eine Reibrolle das Vorderrad antreibt, bringt seitdem das Motorfahrrad auf berauschendes Tempo 30.

Weltweit ging das Zweirad auf Erfolgskurs: Verließen nach dem Krieg 15 Velosolex täglich das Werk, steigerte sich die Produktion bis 1964 auf 380.000 pro Jahr. Die „fahrende Nähmaschine“ mauserte sich zum Massenverkehrsmittel mit 1.000 Servicestationen zwischen Paris, Puttgarden und Phnom Penh. Auftritte in den Filmen von Jacques Tati und im richtigen Leben der Tierschützerin Brigitte Bardot (Hundetransport im Lenkerkörbchen) ließen den Absatz jäh in die Höhe schnellen. Auch die 68er warfen sich noch gern in Strickpulli und Clarks Desert Boots auf das sanfte Gefährt.

Irgendwann kam dann doch der Knick. In Frankreich ging in den 70er und 80er Jahren der Verkauf zurück; die Produktionsmaschinen wurden schließlich nach Ungarn verkauft. Pünktlich zum 50. Geburtstag aber kommt das Vehikel in den zweiten Frühling. In Zeiten von Wirtschaftskrise und verstopften Innenstädten besinnt sich die Generation X auf die Vorteile des spritsparenden Zweirades. Inzwischen werden die Fahrzeuge aus Ungarn in ihre französische Heimat reimportiert.

Die Firma Impex Products verkaufte im vergangenen Jahr weltweit 6.000 der Motorfahrräder, 2.000 davon nach Deutschland. Den legendären schwarzen Anstrich hat die Velosolex allerdings abgelegt, leider: In ihrem Jubiläumsjahr präsentiert sie sich in arg modischem Metallgrün und mit Sattelpolster – eine Konzession an den verweichlichten Hintern der Dienstleistungsgesellschaft. Weiterhin gilt aber das alte Motto: Kapituliert der Ein-Zylinder-Motor am Berg, hilft nur noch Nachtreten.

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