Das Portrait
: Der Mörder

■ Emmanuel Constant

Emmanuel Constant ist wieder auf freiem Fuß. Anfang der Woche wurde der ehemalige Chef der sogenannten „Front für den Fortschritt Haitis“ (FRAPH), einer Nachfolgeorganisation der berüchtigten Todesschwadrone Tontons macoutes aus der Zeit der Duvalier-Diktatur, aus der Haft in den USA entlassen. Begründung: Nach der Gesetzeslage könne er nur sechs Monate in Auslieferungshaft gehalten werden – für eine Überstellung nach Haiti seien aber die Bedingungen noch nicht gegeben.

Daß die USA Constant freilassen, ist nicht verwunderlich – erstaunlich war, daß sie ihn überhaupt eingesperrt hatten. Schließlich hatte er die FRAPH 1993 mit Unterstützung des US-Geheimdienstes CIA gegründet. Beim Militärputsch gegen den gewählten Präsidenten Jean-Bertrand Aristide im September 1991 soll er gemeinsam mit dem lokalen CIA-Chef Donald Terry im Hauptquartier der haitianischen Streitkräfte zugegen gewesen sein.

Die FRAPH war politischer Arm des haitianischen Militärs und bildete den Dachverband für die Todesschwadronen, denen in den Jahren der Militärdiktatur nach dem Putsch gegen Aristide Tausende Menschen zum Opfer fielen. Als die USA im September 1994 in Haiti intervenierten und dem Militärregime ein Ende bereiteten, ließen sie Constant und die FRAPH zunächst in Frieden. US-Einheiten organisierten sogar eine Pressekonferenz für ihn, bei der er mediengewandt wie immer Aristides Rückkehr begrüßen durfte. Dabei hatte er noch vor der US-Intervention angekündigt, die US-Marines mit „Zombie- Gift“ bekämpfen zu wollen, das aus den Knochen von Aids-Toten destilliert werde.

Aber Constant weiß, wie er mit Nordamerikanern umzugehen hat. Der Sohn eines haitianischen Generals ist in Kanada aufgewachsen – eine klassische Biographie für einen Bündnispartner des US- Geheimdienstes in Lateinamerika und der Karibik. Sechs Monate nach der US- Intervention konnte er ganz legal aus Haiti in die USA ausreisen. Im Mai letzten Jahres wurde Constant dort verhaftet, nachdem Präsident Aristide seine Auslieferung beantragt hatte. Seit seiner Freilassung lebt Constant wieder ungestört im New Yorker Stadtteil Queens. Bernd Pickert