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Wahlen in Bosnien sollen wie geplant stattfinden

■ Trotz schwerer Bedenken hält die OSZE am Fahrplan des Dayton-Abkommens fest. 3,2 Millionen Bosnier sind zu den Wahlen am 14. September aufgerufen

Wien/Sarajevo (AFP/taz) – Die Wahlen in Bosnien sollen am 14. September stattfinden. Das teilte der amtierende Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Flavio Cotti, gestern in Wien mit. Cotti sagte, nach sorgfältiger Abwägung komme er zu dem Schluß, daß es keine Alternative zur Durchführung der Wahlen gebe. Cotti fällte die Entscheidung, obwohl nach seiner Überzeugung „freie, faire und demokratische Wahlen“ nicht möglich seien. Ein Aufschub der Wahlen würde jedoch keine Besserung bringen.

Zu den Wahlen sind 3,2 Millionen Muslime, Serben und Kroaten aufgerufen. Insgesamt sind sieben Abstimmungen auf dem Gebiet von Bosnien-Herzegowina vorgesehen, das sich aus der kroatisch- muslimischen Föderation und der Serbischen Republik zusammensetzt. Bei sämtlichen Abstimmungen gilt das Verhältniswahlrecht.

Auf lokaler Ebene werden im ganzen Land Kommunalwahlen stattfinden. In der kroatisch-muslimischen Föderation werden zudem Regionalparlamente gewählt. Die Kroaten und Muslime werden sich ein gemeinsames Parlament geben, in der Serbischen Republik wird sowohl ein Parlament als auch ein Präsident gewählt. Auf nationaler Ebene werden zwei Institutionen entstehen: ein gemeinsames Parlament für Bosnien-Herzegowina und ein dreiköpfiges Staatspräsidium, das aus einem kroatischen, einem muslimischen und einem serbischen Vertreter besteht. Um die Wählerstimmen bewerben sich 49 Parteien und 33 unabhängige Kandidaten. 27 Parteien haben ihren Sitz in der Föderation, 22 in der Serbischen Republik.

Für die Wahlen werden 4.000 Stimmlokale eingerichtet und Tausende Wahlbeobachter aufgeboten. Die Wählerlisten wurden auf Grundlage der Volkszählung von 1991, also aus der Zeit vor dem Krieg, erstellt. Die Flüchtlinge dürfen an ihrem jetzigen Aufenthaltsort oder an ihrem Heimatort wählen. Insgesamt waren 2,4 Millionen Menschen vor dem Krieg geflohen oder vertrieben worden.

Radovan Karadžić ist zum Rücktritt bereit, „wenn es im Interesse des (serbischen) Volkes ist“. Das teilte der bosnisch-serbische Parlamentspräsident Momcilo Krajisnik gestern nach einem Gespräch mit dem EU-Beauftragten Bildt in Pale mit. Die jugoslawische Führung verlangte den sofortigen Rücktritt des als Kriegsverbrecher angeklagten bosnischen Serbenführers und die Erfüllung des Daytoner Friedensvertrags. Sollte das in dieser Woche tagende bosnische Serbenparlament diese Forderungen nicht erfüllen, werde Belgrad „entsprechende“ Maßnahmen ergreifen, heißt es in einer amtlichen Bekanntmachung.

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