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Wie den deutschen Sommer überstehen?

■ betr.: „Comeback des Gimmicks“, taz vom 20. 6. 96

Wie ja schon Oliver Gehrs beweist: Die YPS-Kultur gibt es noch, sogar ein ganzes Land dafür: Italien.

Schätzungsweise 90 Prozent aller Italiener schlürfen ihren Kaffee aus den Mulino-Bianco-Cappuccinoschälchen und essen ihre Nudeln von den Barilla-Tellern mit dem sich nach zwei Spülgängen abstoßenden Schmetterlingsnudeldekor – frei Haus geliefert für die Sammelpunkte. Inzwischen ist nicht nur die Geschirrindustrie nah am Konkurs, viele Marken mußten diese Strategie einstellen, die Italiener essen halt einfach zu viel Biscotti und Pasta.

Denke ich jedoch an meinen halbjährlichen Aufenthalt im Gratisland, frage ich mich, wie ich den deutschen Sommer bloß überstehe. Womit mache ich meine Strandaufnahmen (wir spielen mit der Leuchtfrisbeescheibe aus Marie Claire), wenn nicht mit der Wegwerfkamera aus dem Waschmittelpaket? Wie bleibt mir der Sonnenstich erspart, ohne den zusammenklappbaren Sophia-Loren-Sonnenhut aus Grazia – abgesehen davon, daß ich die kleine Tube Sonnencreme LSF 20 aus Max aufgebraucht habe. Wo werde ich meinen Lippenstift verstauen ohne die wasserfeste Box aus Bella Italia? Ach nein, den Lippenstift in der aktuellen Sommerfarbe aus Amica habe ich ja gar nicht. O dio, auch die Imitat- Zuchtperlenkette nicht! Was für ein Scheißsommer! Carmen Hasenbein, Berlin

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