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Ex-Stasi-Offiziere gegen PDS-Reformer

Morgen muß sich die PDS in Sachsen-Anhalt mit einem pikanten Parteiausschlußbegehren beschäftigen. Zwei bekennende Stasiisten wollen drei angebliche Nestbeschmutzer loswerden  ■ Aus Berlin Christoph Seils

Die PDS in Sachsen-Anhalt hat es weit gebracht. Seit zwei Jahren ist sie eine verläßliche Stütze der rot-grünen Minderheitsregierung. Bei den kommenden Wahlen 1998 will der Landesvorsitzende Roland Claus seine Partei den Sozialdemokraten als Koalitionspartner andienen.

Schöne Aussichten, wären da nicht 40 Jahre realer Sozialismus, zu dessen Aufarbeitung die PDS meist getragen werden muß. Die Genossen haben sich daran gewöhnt, daß die „bürgerliche Kampfpresse“ ihnen von Zeit zu Zeit ihre Vergangenheit um die Ohren haut. Doch dieses Mal sind es ehemals hohe MfS-Offiziere, die der Partei die unangenehme Geschichtsdiskussion aufzwingen. Sie fühlen sich von der PDS verraten, der „Kriminalisierung“ durch den Klassenfeind preisgegeben. Einst Schild und Schwert ihrer Partei, wollen die ehemaligen MfS-Mitarbeiter jetzt nicht die „Schmuddelkinder der Nation“ sein, allein schuld am Niedergang der DDR. Ginge es nach ihnen, müßte der Reformer Roland Claus auf drei seiner wichtigsten Mitstreiter zukünftig verzichten. Am morgigen Samstag muß sich die Schiedskommission der PDS in Sachsen-Anhalt mit deren Parteiausschlußverfahren beschäftigen.

Ihren Anfang nahm die Auseinandersetzung im September vergangenen Jahres, als sich Heinz Kittler berufen fühlte, auf dem Landesparteitag für den wichtigen Posten als Mitglied der Finanzrevisionskommission zu kandidieren. 34 Jahre lang war Heinz Kittler Mitarbeiter des MfS, zuletzt leitete er im Range eines Offiziers die Kreisdienststelle Mansfelder Land. „Ich schäme mich nicht eine Minute meines Lebens“, so stellte sich der 57jährige Kittler vor. Er habe vielen Bürgern der DDR und auch der Bundesrepublik geschadet, räumte er ein, „aber ich hatte aufrechte Motive“. Geschockt von dem schamlosen Bekenntnis trat daraufhin der PDS-Landtagsabgeordnete Volker Lüderitz ans Mikrophon und berichtete von seiner vierwöchigen Stasi-Haft wegen „antisozialistischer Hetze“ Anfang der achtziger Jahre in Rostock. Eine Woche davon habe er nackt in einer Isolierzelle verbracht. Ein Spitzel hatte den damaligen NVA- Soldaten denunziert und dessen Notizbuch an die Stasi weitergeleitet.

Seit jenem Parteitag schwelen in der PDS Sachsen-Anhalt die Auseinandersetzungen. „Die Ratten kriechen wieder aus ihren Löchern“, empörte sich der Landtagsabgeordnete Matthias Gärtner. Der Leiter der MfS-Bezirksverwaltung Rostock, Rudolf Mittag, hingegen warf Lüderitz „Verleumdung“ und „üble Nachrede“ vor, solche Haftbedingungen habe es in der DDR nicht gegeben. Gemeinsam mit dem ehemaligen Professor der MfS-Hochschule Potsdam, Willi Opitz, forderte Mittag das MfS-Opfer Lüderitz auf, seine „haltlosen Anschuldigungen“ zu beweisen. Da dieser sich weigerte, beantragten sie nun dessen Parteiausschluß.

Dies sei der Versuch, „Lebenserfahrungen und politische Biographien, die nicht SED-konform waren, aus der PDS auszugrenzen“, wies der geschäftsführende Landesvorstand die Anschuldigungen von Mittag und Optiz einstimmig zurück und warf beiden seinerseits den „Rückfall in den SED-Jargon“ und „Geschichtsrevisionismus“ vor. Doch mit den deutlichen Worten war die Auseinandersetzung nicht beendet. Im Gegenteil, jetzt sollen nach dem Willen von Kittler auch Gärtner und der stellvertretende Landesvorsitzende Frank Baier aus der Partei fliegen. Weil sie gemeinsam mit Lüderitz den innerparteilichen Eklat verursacht hätten. Der Landesvorsitzende Roland Claus selber soll mit einer Rüge bedacht werden, weil er dies geduldet habe.

„Der Pluralismus der PDS findet seine Grenzen, wo Repression und Bekämpfung von Oppositionellen in der DDR rückwirkend verteidigt werden“, beschloß daraufhin der Landesvorstand. Personen, die den antistalinistischen Grundkonsens der Partei in Frage stellen, hätten in der PDS nichts zu suchen, ergänzte die AG Junge GenossInnen. Doch die PDS tut sich schwer, den Schnitt auch zu vollziehen. Die PDS dürfe auch angesichts der SED-Erfahrung ihre politischen Konflikte nicht mit „statuarischen Mittel“ austragen, heißt es in dem Vorstandsbeschluß. Statt den Konflikt in der PDS offensiv zu thematisieren und den Altstalinisten in der Partei den Stuhl vor die Tür zu stellen, hofft Roland Claus, daß sie angesichts des Reformkurses der PDS irgendwann von selbst gehen werden.

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