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Kühl und klar

■ Hamburgs Badeseen: Auch bei Hitze kein Genuß Von Vera Stadie

Ob die Badesaison in diesem Jahr anfängt, bevor sie aufhört? Wir wissen es nicht. Keins von Hamburgs unbeheizten Bädern ist derzeit wärmer als 16 Grad, entsprechend gähnend ist die Leere in den Naturbädern und an den Seen. Schade eigentlich, denn noch ist die Qualität des Badewassers bestens. „Im Moment ist alles okay“, bestätigt Ulrike Doerr, bei der Umweltbehörde zuständig für Hamburgs Badegewässer.

Ein Teufelskreis, denn mit der Wärme kommen in der Regel auch die Badeverbote. Die unbeliebten Schilder stellen die Bezirksämter auf, wenn das Wasser zu trübe wird oder zu viele Bakterien enthält. Für Hamburgs offizielle Badestellen – die Sommerbäder Hohe Liedt, Ostende, Farmsen, Duvenstedt, Volksdorf und Altengamme, der Boberger, Hohendeicher, Allermöher und Öjendorfer See, der See „Hinterm Horn“ und der Eichbaumsee und auch die Insel Neuwerk – gilt die Verordnung über Badegewässer. In der amtlichen Badesaison vom 17. Mai bis zum 14. September müssen die Gesundheits- und Umweltämter alle zwei Wochen prüfen, ob zu viele koliforme Bakterien oder Fäkalstreptokokken – die normalerweise im Darm von Mensch und Tier vorkommen, in der Regel harmlos sind, aber auf Krankheitserreger schließen lassen – drin schwimmen oder das Wasser zu trübe ist. Sind die Grenzwerte überschritten, spricht das Bezirksamt ein Badeverbot aus.

Während die Bakterien ein heimliches Mitbringsel der Badenden sind, sind für trübe Teiche Algen verantwortlich. Wenn sie ausreichend mit Nährstoffen wie Phosphat gepäppelt sind und der Sommer ihnen Licht und Wärme bietet, vermehren sich die winzigen Pflanzen massenhaft. So eine Algenblüte ist kein rein ästhetisches Problem. Die schlechte Sicht kann die Rettung Ertrinkender behindern.

Um die Wasserqualität zu verbessern, bräuchte es für jedes einzelne Badegewässer ein „maßgeschneidertes Konzept“. Als erstes hat man den Eichbaumsee verarztet, wo im Sommer regelmäßig die Algen „blühten“. Die Pflänzchen sind dort seit fünf Jahren zum Fahrstuhlfahren verdonnert. Durch die „intermittierende Zwangsbelüftung“ wird der See so aufgemischt, daß die Algen in die Tiefe gerissen werden, wo sie mangels Sonne eingehen. Eine andere Therapie wählte die Behörde fürs Naturbad Farmsen. Dort wird das Wasser durch eine Anlage gepumpt, die den Nährstoff Phosphat herausholt und so die Algen auf Diät setzt.

Rechtzeitig zur Saison –96 sind auch in Volksdorf und Altengamme die Reinigungsanlagen fertiggeworden. In Altengamme reichte ein kleiner Trick: Das frische Brunnenwasser wird jetzt an einer anderen Stelle eingeleitet als vorher. Die neuen Strömungsverhältnisse bringen den See ins Rotieren und verteilen das saubere Wasser gleichmäßig. Im Volksdorfer FKK-Bad hat vor wenigen Tagen ein Bodenfilter seine reinigende Tätigkeit aufgenommen. Das Wasser wird zuerst auf einen Filter aus Kalksteinsplit gesprüht, in dem vor allem die Algen zurückgehalten werden. Sind sie erstmal versickert, geben Dunkelheit und Bakterien ihnen den Rest. Die zweite Stufe ist der mit Schilf bepflanzte Filter, der Keime und Phosphat zurückhält.

Das Volksdorfer Bad könnte das vorerst letzte der Hamburger Gewässer sein, das auch bei Hitze zu genießen ist. Die dringend notwendige Sanierung des Sorgenkindes Öjendorfer See zum Beispiel, bedauert Ulrike Doerr, findet erstmal nicht statt: „Das läßt die Haushaltslage nicht zu.“

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