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Hoffnung auf ein breites Minderheitenbündnis

■ Die Bündnisgrünen wollen ein gemeinsames Antidiskriminierungsgesetz für MigrantInnen, Behinderte, Lesben und Schwule auf den Weg bringen

Die Idee liegt nahe: Anstatt ein landesweites Antidiskriminierungsgesetz nur für Lesben und Schwule zu fordern, könnte es alle gesellschaftlichen Minderheiten umfassen. Die Initiative, die vom Schwulenbereich der Bündnisgrünen ausging, soll ethnische Minderheiten, Behinderte, Lesben und Schwule einschließen.

Ziel eines solchen Gesetzes wäre, unberechtigte Ungleichbehandlung zu unterbinden. Das Gesetz würde greifen, wenn ein Vermieter sich weigert, eine Wohnung an Immigranten zu vermieten, oder wenn ein Schwuler wegen seiner sexuellen Identität auf eine schlechtere Stelle versetzt wird. Eine lesbische Schülerin hätte damit eine Handhabe, sich gegen Diskriminierungen an der Schule zu wehren.

Zu klären wäre, ob sich aus einem Antidiskriminierungsgesetz ein Aufenthaltsrecht für ausländische Partner gleichgeschlechtlicher, binationaler Partnerschaften ableiten ließe. Die schwul-lesbische Internationale, in der Aus- und Inländer zusammenarbeiten, sieht es als „sehr dringend“ an, eine Lösung für binationale Partnerschaften zu finden. „Pro Monat kommen drei bis vier Paare in unsere Beratung, die aufenthaltsrechtliche Probleme haben“, erklärte Marc Schlösser-Faßbender.

Das Antidiskriminierungsgesetz könnte zum einen Bestimmungen enthalten, die für alle einbezogenen Gruppen relevant sind. Fragen, die nur eine Gruppe betreffen wie das barrierefreie Bauen für Behinderte könnten in separaten Artikeln geregelt werden.

Aber ist es möglich, diese unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen an einen Tisch zu bekommen? „Im Schwulenbereich haben wir intensiv diskutiert, ob wir ein breites Minderheitenbündnis wirklich wollen“, sagt Anselm Lange, schwulenpolitischer Sprecher der Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus. Es gab Vorbehalte, weil an einem Drittel der Überfälle auf Schwule nichtdeutsche Jugendliche beteiligt sind. Doch die Schwulen sprangen über den eigenen Schatten und entschieden sich, das gemeinsame Antidiskriminierungsgesetz voranzutreiben. Denn wenn die Minderheiten miteinander ins Gespräch kommen, ließe sich vielleicht auch so manches gegenseitige Vorurteil ausräumen.

„Ich denke nicht, daß es Berührungsängste gibt“, sagt der Sprecher des Türkischen Bundes, Safter Cinar, für seine Organisation. Man müsse aber unter den türkischen Organisationen differenzieren. Es sei schon vorstellbar, daß einige Schwierigkeiten mit homosexuellem Verhalten hätten. In der türkischen Gesellschaft ist Homosexualität immer noch stark tabuisiert. Vor allem religiöse Gruppierungen könnten sich schwer tun, mit Homosexuellen zusammenzuarbeiten. Ob sie aus einer solchen Motivation heraus ein gemeinsames Antidiskriminierungsgesetz ablehnen würden, ist jedoch schwer einzuschätzen.

Erste Kontakte zwischen MigrantInnen und Schwulen wurden bei einem Kongreß im September vergangenen Jahres geknüpft. Neben bündnisgrünen Migrantenpolitikern waren auch die Sprecherinnen des türkischen Bundes Azize Tank vertreten, die sich für ein gemeinsames Antidiskriminierungsgesetz aussprachen. Unterstützt wird die Initiative auch vom migrantenpolitischen Sprecher der Bündnisgrünen, Ismail Kosan.

Nachdem die Initiative bislang vor allem innerhalb der Bündnisgrünen diskutiert wurde, sollen nach der Sommerpause die politischen Bündnispartner bei den Behinderten- und Migrantenverbänden angesprochen werden. Ein Gesetzentwurf könnte dann Anfang nächsten Jahres vorliegen. Auch auf Bundesebene und in Nordrhein-Westfalen arbeiten die Bündnisgrünen auf ein Antidiskriminierungsgesetz für alle Minderheiten hin. Dorothee Winden

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