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Messeausbau ohne Luxuspissoirs

■ Nach langer Debatte stimmt Senat vierter Ausbaustufe zu

Die vierte Ausbaustufe der Messe wird ein wenig spartanischer als ursprünglich geplant. Nicht nur an der Fassade und bei Bodenbelägen will Bausenator Jürgen Klemann sparen, sondern auch an den WC-Einrichtungen: Auf die elektronische „Urinalsteuerung“ in den Männerklos wird verzichtet. Mit solchen und anderen Maßnahmen sollen die Messehallen um 50 Millionen Mark billiger werden. Ebenso versprach der CDU-Bausenator nach der gestrigen Entscheidung des Senats, grünes Licht für die Erweiterungsbauten zu geben. Die Baukosten sinken demnach auf 459 Millionen Mark. Mit dem Ausbau der vierten Stufe wird im Dezember begonnen, die Fertigstellung ist für 1999 geplant.

Lebhaft wurde im Senat über die bis zuletzt umstrittene Finanzierungsart, die sogenannte Fortfaitierung, debattiert. Nach diesem Modell, das schon bei der 3. Ausbaustufe Anwendung fand, baut der Investor die Hallen zunächst auf eigene Rechnung. Bei Fertigstellung zahlt das Land dann die Kosten an ihn zurück, allerdings samt der Zinsen. Der Vorteil: der laufende Haushalt kann so über Jahre entlastet werden.

Am Ende stimmte Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) der Fortfaitierung dann doch zu. Eine Finanzierung der Baukosten aus Landesmitteln hätte den Rahmen des Haushaltsstruktur-Gesetzes vor allem 1997/98 gesprengt oder zu einer weiteren Streckung laufender Bauvorhaben geführt. Als Gegenleistung konnte sich Fugmann- Heesing allerdings mit ihrer Forderung nach einer Beteiligung der landeseigenen Messe-GmbH an der Zinstilgung durchsetzen. Daran wird sich die Messe GmbH ab dem Jahr 2000 zu fünfzig Prozent mit rund 15 Millionen Mark jährlich beteiligen.

Die um 50 Millionen geminderten Baukosten werden sich in geringem Umfang auf die Gesamtkosten des Projekts auswirken. Samt Zinsen war das Fortfaitierungsmodell nämlich auf 799 Millionen Mark taxiert worden. Nach dem gestrigen Beschluß des Senats dürfte einer Zustimmung durch SPD und CDU im Abgeordnetenhaus nichts mehr im Wege stehen. Am Donnerstag kommt der Hauptausschuß während der Sommerpause zu einer Sondersitzung zusammen.

In drei Jahren wird die Hallenkapazität auf dem Messegelände in Charlottenburg dann rund 160.000 Quadratmeter umfassen. Die Messe GmbH hatte auf einen Ausbau der vierten Stufe gedrängt. Ihrer Ansicht nach befindet sich Berlin in harter Konkurrenz mit Hannover, München oder dem jüngst fertiggestellten Messeneubau in Leipzig. Die Hoffnung, daß einst die Internationale Automobilausstellung (IAA) von Frankfurt nach Berlin gelockt werden könnte, wollte die frühere hessische Ministerin Fugmann-Heesing nicht so recht teilen. Diplomatisch meinte sie, man solle den jetzt beschlossenen Ausbau „nicht abhängig machen von der Frage, ob die IAA nach Berlin kommt“. Es sei allein um die Alternative gegangen, „Zurückfallen oder Halten und Ausbauen“. Severin Weiland

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