Betrifft: „Junge Freiheit“: Aufruf oder keiner?
■ Nachtrag zum Konflikt um die Wehrmachtsausstellung
In einem Artikel, der sich mit einem Anschlag auf die Wanderausstellung über Verbrechen der deutschen Wehrmacht beschäftigte, stand am 14. Juni in der taz zu lesen: „Die Junge Freiheit rief am 1. März unverblümt dazu auf, ,den dicken freien Meinungsäußerungsfilzstift zur Hand‘ zu nehmen.“ Nun erreicht uns ein Schreiben der Hamburger Anwaltssozietät Benoit/Roloff/Stabenow, die uns wissen läßt, daß nicht die Junge Freiheit zur Sachbeschädigung der Wanderausstellung aufgerufen habe, sondern ein Leserbriefautor. Letzteres stimmt, doch mußte sich in der Vergangenheit auch die taz verschiedentlich von Gerichten bescheinigen lassen, daß sie sich nicht hinter Leserbriefautoren verstecken kann, wenn diese zu Straftaten aufrufen.
Hier der genaue Sachverhalt: Die Junge Freiheit hat am 16. Februar in einem Meinungsartikel einen ehemaligen Redakteur des ZDF-Magazins schreiben lassen: „Eine solche Ausstellung muß selbstverständlich in unserem freiheitlichen Rechtsstaat möglich sein. Daß aber die politische Klasse gegen ein solches Machwerk der Verleumdung unserer Väter und Großväter nicht vorgeht, ist ein bezeichnendes Merkmal unserer politischen Situation.“ Die Frage, wie „die politische Klasse“ gegen die Ausstellung vorgehen sollte, ließ der Autor der Jungen Freiheit an dieser Stelle offen. Die Antwort durfte dann – ohne distanzierende Stellungnahme der Redaktion – zwei Wochen später ein Leserbriefschreiber aus Montabaur geben, dessen Namen man im Telefonbuch des kleinen Ortes allerdings vergeblich sucht: „Ein neuer offensiver Stil muß her: gewaltloses Volkswandern zu solchen Ausstellungen, friedfertig in die heiligen Bewältigungs-Hallen, dort den dicken freien Meinungsäußerungsfilzstift zur Hand genommen und der Welt gezeigt, daß es unter Dichtern und Denkern auch Malertalente hat!“ Die Redaktion
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