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Argumente gegen die Gewalt von rechts

■ Zwei Medienkoffer für pädagogische Arbeit gegen Rechtsextremismus

Materialien gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Jugendgewalt mußten sich LehrerInnen und andere PädagogInnen bisher meist selbst zusammensuchen. Nun können sie auf zwei Medienkoffer zurückgreifen. Der handliche Pappkoffer des Landesschulamtes und die umfangreiche Materialkiste des „Vereins zur Förderung gesellschaftskritischer Sozialwissenschaft“ haben außer der Thematik allerdings nur wenig gemeinsam.

Mit dem „Berliner Infokoffer für Arbeit gegen Rechtsextremismus“ will der „Verein zur Förderung gesellschaftskritischer Sozialwissenschaft“ LehrerInnen und MitarbeiterInnen der außerschulischen Bildung erreichen. Kernstück des „Berliner Infokoffers“, an dem die Politologin Marion Dove zwei Jahre gearbeitet hat, bildet eine 2.000 Seiten umfassende Loseblatt-Sammlung. Die thematisch geordneten Schnellhefter bieten meist kurze Texte, die nicht nur Antworten auf die Frage „Was ist Rechtsextremismus?“ geben, sondern bis zu Aktionsideen und pädagogischen Projekten reichen. Einen Schwerpunkt bilden die Themen Rechtsextremismus in Berlin und in Ostdeutschland. Aktuelle Zahlen werden durch Interviews illustriert. O-Ton eines Skins: „Wenn sie schreien und wegrennen – das macht Spaß!“

Ergänzt wird die Textsammlung durch Overhead-Folien, eine umfangreiche Adressenliste und vier Videofilme der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. Darunter ist auch der umstrittene Film „Stau – jetzt geht's los“, der auf eine Kommentierung rechter Aussagen weitgehend verzichtet. „Wir hätten gerne andere Filme genommen“, erzählt Marion Dove, „doch das Problem ist, daß die meisten unbezahlbar sind.“ Ein Katalog mit Filmliste und Bezugsadressen soll das Defizit ausgleichen.

Eher minimalistisch ausgestattet ist der „Medienkoffer für Toleranz und Friedfertigkeit – gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit“, von dem das Landesschulamt 1.000 Exemplare kostenlos an Berliner Schulen verteilen ließ. Neben einem Videofilm, einer Audiokassette und Overhead-Folien enthält der türkisfarbene Pappkoffer vor allem Informationsbroschüren verschiedener Landesbildungsministerien und der Bundeszentrale für politische Bildung als Hintergrundinformationen für die LehrerInnen.

Eher enttäuschend sind die beiden im Senatskoffer enthaltenen Hefte zu Themen wie Fremdsein, Vorurteile oder Ausländer und Ausländerinnen in Deutschland. Die Broschüre des Schulamtes gibt sich mit Karl Valentins „Fremden“ oder Max Frischs „Andorra“ zeitlos. Eine Auseinandersetzung mit der aktuellen Asylpolitik fehlt gänzlich. Aber auch zu historischen Themen wie der Wannsee- Konferenz enthalten die Materialien die weitverbreitete Falschinformation, daß dort die systematische Ausrottung der europäischen Juden beschlossen worden sei.

Die Problematik des „Infokoffers für Arbeit gegen Rechtsextremismus“ liegt woanders: Der Selbstkostenpreis der Materialsammlung beträgt 485 Mark.

Weitere Informationen: „Berliner Infokoffer für Arbeit gegen Rechtsextremismus“, beim IFFJ, Tel: 390 01-133.

„Medienkoffer für Toleranz und Friedfertigkeit – gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit“, beim Landesschulamt, Abt. IV, Tel: 4214-4471 Johannes Zerger

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