Kostengünstige Asbestsanierung im Abseits

■ Ein billiges und sicheres Verfahren wird nicht angewandt, obwohl dies die Landeskasse entlasten würde. Baufirmen verdienen an Teilabrissen mehr

Die Astbestsanierung bei öffentlichen Bauten und Wohnhäusern ist nach Ansicht des Korrosionsexperten Uwe Krawietz billiger, sicherer und schneller zu machen, als oftmals geplant. Krawietz, lange Jahre bei der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin tätig, sieht als Voraussetzung die konsequente Abkehr von konventionellen und herkömmlichen Methoden.

Bei einem unter seiner Leitung bei der BAM entwickelten Verfahren kommt beispielsweise eine spezielle Dispersionsfarbe zum Einsatz, die auf die Asbestoberfläche gestrichen wird. Damit wird eine mögliche Verbreitung von Asbestfasern in der Luft auf ein unbedenkliches Maß reduziert, sagte Krawietz. Es falle kein kontaminierter Bauschutt an.

Das Verfahren habe seine Vorzüge auch in der Praxis bewiesen. So ist die Sanierung asbestbelasteter Räume im Berliner ICC nach dieser Methode erfolgt. Die Anwendung konventioneller Verfahren einschließlich eines Teilabrisses sowie die wirtschaftlichen Verluste für die Messe und die Stadt Berlin haben nach Schätzungen von Krawietz Mehrkosten von rund einer Milliarde Mark verursacht.

Um so unverständlicher sei ihm, weshalb das Verfahren in letzter Zeit vom Senat „totgeschwiegen“ werde und gänzlich in den Schubladen zu verschwinden drohe. Dabei könne bei dem bestehenden Asbestsanierungsbedarf ein spürbarer Beitrag zu Einsparungen in den öffentlichen Kassen geleistet werden. Krawietz sucht die Erklärung vor allem in den Interessen der starken Baulobby. Konventionelle Sanierungsverfahren seien für ganze Berufsgruppen und Branchen einträglicher. So hänge die Höhe der Architektenhonorare vom Volumen der Baumaßnahme ab. An der Tonne Bauschutt verdiene die Müllentsorgung 150 bis an die 600 Mark.

Krawietz erinnerte daran, daß der Senat für das Bau- und Wohnungswesen selbst der BAM den Auftrag erteilt hatte, ein neues Entsorgungskonzept für verschiedene asbesthaltige Baustoffe zu entwickeln. Dafür sei eine halbe Million Mark bezahlt worden. Die 1993 abgeschlossene Studie demonstrierte das neue Verfahren in einem Pilotprojekt bei der Asbestsanierung eines Berliner Bildungszentrums (Emser Straße). Im Vergleich zu konventionellen Verfahren wurden hier über 10 Millionen Mark eingespart.

Zum vieldiskutierten Abriß-Beschluß für den Palast der Republik sagte Krawietz, dies sei eine rein politische und keine technische Entscheidung. Zu den bislang in der Öffentlichkeit genannten Kosten für eine Asbestsanierung mit anschließendem Totalabriß wollte er nicht Stellung nehmen. Sollte aber die „Wanne“, auf der der Palast steht, herausgenommen werden, könnten die Kosten nach seinem Informationsstand schnell die Milliardengrenze erreichen, noch bevor ein Neubau stünde. Eine Asbestsanierung unter Erhaltung wesentlicher Teile der Bausubstanz wäre in jedem Fall kostengünstiger.

Krawietz hat sich Anfang der neunziger Jahre bereits mit einer neuartigen Methode zur Sanierung des Funkturms einen Namen gemacht. Dadurch konnte auf die nahezu unbezahlbare Behandlung mit Sandstrahl verzichtet werden. ADN