piwik no script img

XY-Opferhilfe

■ „Weisser Ring“: unbürokratisch?

Seit 20 Jahren bietet der „Weisse Ring“ Hilfe für Opfer von Kriminalität und Gewalt an. Gründungsmitglied Eduard Zimmermann, bekannt aus Funk und Fernsehen und Ehrenvorsitzender des Vereins, zog gestern mit weiteren Vorstandsmitgliedern vor der Presse Bilanz: Viel erreicht habe der „Weisse Ring“, aber noch nicht genug. Die Ansprüche von Opfern auf Hilfe und Entschädigung seien mager, über viele Angebote würden Betroffene kaum informiert. Wenig Klarheit herrscht jedoch auch über Finanz- und Entscheidungsstrukturen des gemeinnützigen Vereins.

Gespräche, Begleitung und Hilfe beim Umgang mit Behörden und Gerichten und auch materielle Unterstützung bietet der „Weisse Ring“ an. Finanziert wird die Arbeit durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Bußgelder. Bundesweit setzte der Verein im vergangenen Jahr 22 Millionen Mark um; trotz des Engagements vieler Ehrenamtlicher lagen die Personalkosten bei dreieinhalb Millionen Mark. Weniger als die Hälfte des Umsatzes kam unmittelbar der Opferhilfe zugute; 6500 Menschen wurden im vergangenen Jahr betreut.

Gerda Krause von der Beratungsstelle „Opferhilfe“, die in Hamburg ebenfalls Opfer von Straftaten betreut, vermag eine „schnelle und unbürokratische Hilfe“, die der „Weisse Ring“ anbietet, nicht uneingeschränkt zu erkennen. Krause lobt den „Beratungsscheck“, den der Verein für ein kostenloses Gespräch mit einem Anwalt ausgibt. Weitere materielle Hilfe gebe es jedoch nur, wenn das Opfer die Tat anzeigt; über die Vergabe von Summen über 500 Mark entscheide die Zentrale in Mainz – nach Erhalt einer umfangreichen Selbstauskunft der Geschädigten.

„Wir gehen davon aus, daß das Opfer Anzeige erstattet“, sagt der Hamburger Regionalbeauftragte des „Weissen Rings“, Heinz Baumgart. Es sei jedoch keine Bedingung, um Hilfe zu bekommen. Eine Strafverfolgung des Täters allerdings sei grundsätzlich anzustreben. Baumgart lobt die Kooperation mit der Polizei: Dort werden Info-Blätter des „Weissen Rings“ an Kriminalitätsopfer ausgegeben und deren Bitten um Hilfe an den Verein weitergeleitet. Nicht zuletzt setzen sich Vorstand und Beirat des Vereins ganz überwiegend aus Polizeipräsidenten und Kriminalbeamten zusammen. Stefanie Winter

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen