: Waffengesetze werden weich
Nach EU-Recht ist Rüstungsexportkontrolle nach wie vor Ländersache. Doch seit Juli 1995 gibt es eine EU-Verordnung über Dual-use-Güter ■ Von Annette Jensen
Die Lobbyarbeit der deutsche Rüstungsindustrie hat wieder einmal Erfolg gehabt: Wie gestern bekannt wurde, sollen künftig andere Regierungen darüber entscheiden, ob Waffen mit deutschen Komponenten exportiert werden dürfen. Damit geht die Aufweichung der deutschen Kontrollen beim Export von Waffen weiter.
Seit 1961 fallen Rüstungsexporte aus Deutschland entweder unter das Kriegswaffenkontroll- oder das Außenwirtschaftsgesetz. Beide wurden zuletzt Anfang der 90er Jahre novelliert: Nach den Irak- und Libyenskandalen sah sich die Kohl-Regierung genötigt, das Strafmaß für illegale Ausfuhren zu erhöhen. Doch viele Exporte mußten die Firmen gar nicht im Geheimen abwickeln: Lieferungen an andere Nato-Länder wurden grundsätzlich genehmigt. Und seit 1985 sind die Asean-Staaten, zu denen auch Indonesien zählt, den Nato-Empfängern gleichgestellt.
Die Römischen Verträge zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft hatten 1957 festgeschrieben, daß die Herstellung und der Verkauf von Rüstung ausdrücklich Sache der einzelnen Staaten sein sollte. Das ist bis heute so geblieben. In Deutschland läuft das Exportverfahren über das Bundesamt für Ausfuhr in Eschborn (Bafa), das bis 1992 Bundesamt für Wirtschaft hieß. Anträge nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz – also für den Export von Panzern, Flugkörpern und Militärhubschraubern – werden an das Wirtschaftsministerium weitergeleitet, das auch das Außen- und Verteidigungsministerium befragt. In schwierigen Fällen entscheidet der Bundessicherheitsrat, in dem Vertreter vom Außen-, Innen-, Wirtschafts-, Finanz- und Verteidigungsministerium sowie von der Bundeswehr und vom Bundeskanzleramt sitzen. Bei Exportanträgen für kleinere Waffen kann das Bafa selbständig entscheiden.
Eine EU-Regelung gibt es dagegen zu sogenannten Dual-use-Gütern, die sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden können. Seit dem 1. Juli 1995 gilt die EU- „Verordnung über die Kontrolle bei der Ausfuhr bestimmter Güter mit doppeltem Verwendungszweck“. Es ist allerdings keineswegs so, daß dadurch auch einheitliche Standarts in der gesamten Europäischen Gemeinschaft gelten würden. Im Klartext: Die angebliche Harmonisierung des Rechts hat zu einer Aufweichung der deutschen Exportbeschränkungen geführt. Waffenhändler suchen sich nämlich für einen prekären Exportantrag ein Land, in dem die Kontrollen erfahrungsgemäß gering sind. Weil die Behörden nur zwei Wochen Zeit zum Reagieren haben, sind die Chancen auf einen legalen Export groß.
Hinzu kommt, daß es nach wie vor 15 nationale Formulare für Exportlizenzen gibt und die Zöllner häufig restlos überfordert sind, in anderen Sprachen abgefaßte Papiere wirklich zu kontrollieren. Die Dual-use-Verordnung regelt zudem viele Fragen gar nicht: Transithandel und Wissenstransfer werden in der Vereinbarung nicht einmal erwähnt.
In Deutschland ist im Zusammenhang mit der Angleichung des nationalen Rechts an die EU-Verordnung die Kontrolle bei der Ausfuhr von Dienstleistungen und Know-how zur Produktion von Waffen eingeschränkt worden.
Deutschland nimmt laut Sipri- Bericht den dritten Platz auf der Weltrangliste der Waffenexporteure ein. Waren 1994 noch Rüstungsgüter im Wert von 2,5 Milliarden Mark exportiert worden, so waren es im letzten Jahr nur noch zwei Milliarden Mark. Der Ausfuhrrückgang geht allerdings nur zum kleinen Teil auf Kosten der deutschen Waffenschmieden, sondern ist vielmehr auf die abnehmende Bedeutung von NVA-Waffen-Verkäufen zurückzuführen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen