Wie ein Fahrrad ohne Kette

■ Naturschutz in Hamburg: Das Eppendorfer Moor trocknet aus Von Heike Haarhoff

„Der Naturschutz in Hamburg funktioniert wie dieses Fahrrad ohne Kette.“ Kräftig in die Pedale trat Torsten Becker vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) gestern im Eppendorfer Moor, ohne sich auch nur einen Meter fortzubewegen. Die Behörden hätten vor zehn Jahren einen Pflegeplan für das Naturschutzgebiet verabschiedet, ohne ihn je umzusetzen. „Es geht nicht vorwärts“, kritisierte Becker, der um die Zukunft eines der letzten innerstädtischen Moore Hamburgs fürchtet.

Das 15 Hektar große Gebiet in Groß-Borstel droht regelmäßig im Sommer auszutrocknen, weil die Wasserversorgung durch Niederschläge nicht ausreicht. „Das Moor braucht Zuflüsse aus der Umgebung“, forderte NABU-Mitglied Fritz Buck. Dieses Wasser wird derzeit durch einen Graben in die Alster geleitet. Schuld an der Ver-ödung trage auch die Versiegelung des Bodens rund um das Naturschutzgebiet. Die Folge: Büsche, Weiden und Birken breiten sich aus, während moortypische Pflanzen wie Wollgras, Lungenenzian und Sumpfblutauge eingehen. „Wir haben schon Bäume gefällt, aber das nützt nichts, wenn die Ursachen nicht bekämpft werden.“

Dazu legt der NABU jetzt ein eigenes Entwicklungskonzept vor: Der Wasserstand im Graben müsse reguliert und verstärkt dem Moor zugeführt werden. Ein Rückhaltebecken solle das Wasser aus den umliegenden Kleingärten auffangen und von Düngemitteln klären. Dann wäre die Versorgung auch in wasserarmen Zeiten gesichert.

Um Pflanzen und Tieren mehr Platz und Ruhe zu gewähren, will der NABU die Pfade sperren, die kreuz und quer durch das Moor führen, und stattdessen einen Rundweg für SpaziergängerInnen schaffen. Das Moorgebiet müsse zudem vergrößert werden, um „Pufferzonen“ zu schaffen. Dazu könnten eine 15 Hektar große, bisher als geschützte Grünanlage ausgewiesene Fläche zwischen Moor und Alsterkrugchaussee sowie rund 40 Kleingärten, die im Westen an das Moor grenzen, ebenfalls dem Naturschutzgebiet zugeschlagen werden.

Ein Vorhaben, dem Egbert Willing, Naturschutzreferent des Bezirks Nord, skeptisch gegenübersteht: „Das wird auf erheblichen Widerstand stoßen.“ Davon abgesehen unterstützen Bezirk und Umweltbehörde die NABU-Forderungen. Doch es hapert mal wieder am Geld: „Für so ein Wasser-Rückhaltebecken haben wir keine Flächen und keine Mittel“, klagt Willing. Rettung signalisierte gestern die Umweltbehörde: Sie habe gerade einen neuen Pflege- und Entwicklungsplan erstellt, der nun mit den Bezirken und Verbänden abgestimmt werde. „Wenn er durchkommt, wirbt die Umweltbehörde Mittel ein und leitet sie an den Bezirk weiter“, versprach Behörden-Sprecherin Ina Heidemann.

Chancen für die Umsetzung der NABU-Pläne sieht auch die Stadtentwicklungsbehörde: Laut Hamburgischem Naturschutzgesetz ist der NABU an den Fachabstimmungen zum Flächennutzungsplan zu beteiligen und kann dort durchsetzen, die Moor-Randgebiete in naturbestimmte Flächen umzuändern.