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■ QuerspalteHannover und Hollywood

„Chaos verboten“ steht seit neulich an den Stadttoren Hannovers. Und weil ein Verbot ein Verbot ist, werden sich die Punker der Welt großzügig mit einem Achselzucken des Bedauerns abwenden. Alles wird gut und ähnlich funktionieren wie mit dem Schild, das die Titanic einst entworfen und im deutschen Mischwald aufgehängt hat: „Waldsterben verboten“.

Die Chaos-Tage sollen ausfallen, die hannoverschen Bürgersteige werden gar nicht erst runtergeklappt am ersten Augustwochenende. Aber aus den USA erreicht uns die Nachricht, daß die Chaos- Tage wenigstens literarisch verewigt sind. Tom Clancy, rechtsgerichteter Bestsellerautor erfolgreich verfilmter Thriller wie „Jagd auf Roter Oktober“ und „Die Stunde der Patrioten“, liegt auch mit seinem Buch „Games Of State“ auf einem der vorderen Plätze in den Verkaufslisten.

Die Geschichte beginnt an einem Donnerstag um 9.47 Uhr ausgerechnet in „Garbsen, Germany“, wo ein deutsch- amerikanisches Team ausgerechnet einen Spielfilm über ausgerechnet die „Tirpitz“ dreht. Eine neonazistische Terrorgruppe überfällt den Set und hinterläßt vier Tote. Der Anschlag ist nur die Ouvertüre zu den „Chaos Days“ in „Hanover“, die allerdings kein Punkertreffen sind, sondern eine Art Kongreß von Neonazis, Hooligans und elegant gekleideten Mitgliedern der Neuen Rechten.

US-Spezialagent Bob Herbert überlebt eine Verfolgungsjagd durch Hannovers Innenstadt, die, wollte Hollywood das Buch am Originalschauplatz verfilmen, gewaltig umgebaut und umbenannt werden müßte. Einen Rathenauplatz sucht man jedenfalls im Moment vergeblich. Der Thriller insgesamt ist, nach erster Oberflächendiagnose, kitschiger Dreck.

Ich aber habe endlich kapiert, was jener Bekannte meinte, als er letztes Jahr aus Südamerika zurückkehrte, wo er Bilder der Chaos-Tage im brasilianischen Fernsehen gesehen hatte. Wie alle Zuschauer rund um den Globus mußte er davon ausgehen, daß Hannover nach den Unruhen in Schutt und Asche liegt. Dem war nicht so. Dietrich zur Nedden

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