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Hamburg droht schwere Regierungskrise

■ Die Statt Partei fordert vom Koalitionspartner SPD, daß dieser sich bei der Abstimmung des Sparpakets im Bundesrat enthält. SPD will aber dagegen stimmen

Hamburg (AP) – Die in Hamburg mit der SPD regierende Statt Partei will den Kurs der Bonner Sozialdemokraten stoppen: Sie verlangt, daß Hamburg sich in der kommenden Woche im Bundesrat erneut der Stimme enthält. In dem Fall könnte die SPD das Sparpaket der Bonner Regierungskoalition blockieren. Wenn Hamburg sich enthält, hieß es gestern im Bundesrat, kann nicht – wie von der SPD geplant – der Vermittlungsausschuß angerufen werden.

In einem der Hamburger SPD am Donnerstag abend zugestellten Schreiben der Statt Partei erklärt deren wirtschaftspolitische Sprecherin Rotraut Meyer-Verheyen, angesichts von fast vier Millionen Arbeitslosen „können wir uns manche liebgewonnenen Regelungen im Lohn-, Urlaubs- und Krankensystem nicht mehr leisten“. Die Einführung von Karenztagen und die Absenkung des bei Krankheit weiter zu zahlenden Lohns sei „für die allermeisten Einkommensbezieher durchaus ohne Notlage leistbar“.

SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering sagte entgegen der Ankündigung der Statt Partei im Inforadio Berlin-Brandenburg, die SPD-geführten Länder wollten am kommenden Freitag das Sparpaket im Bundesrat geschlossen ablehnen. Der Vermittlungsausschuß solle erst gar nicht angerufen werden, weil es an dem Paket nichts zu reparieren gebe. Wie bereits beim Ladenschluß sichtbar wurde – als sich Hamburg im Bundesrat auf Drängen der Statt Partei auch schon der Stimme enthalten mußte – „wird Statt Partei sich auch künftig einer eventuell versuchten Blockadepolitik im Bundesrat zugunsten simpler SPD-parteipolitischer Strategie widersetzen und allein nach sachpolitischen Grundsätzen entscheiden“, hieß es in dem Schreiben des Bündnispartners der Hamburger SPD. Abschließend erklärte Meyer-Verheyen: „Da wir in der Frage des ,Sparpakets‘ nicht mit der Meinung der Hamburger SPD übereinstimmen, werden wir darauf hinwirken, daß sich Hamburg – wie im Kooperationsvertrag vorgesehen – im Bundesrat der Stimme enthält.“

Im Hamburger Rathaus sagte ein Senatssprecher, die Landesregierung werde sich auf der Sitzung am kommenden Dienstag mit der Forderung der Statt Partei beschäftigen. Die meisten Senatoren sind gegenwärtig im Urlaub. Bürgermeister Henning Voscherau hält sich auf Sylt auf. Aller Voraussicht nach wird sich auch der sogenannte Kooperationsausschuß jetzt mit dem Problem befassen, wie Regierungssprecher Cordt Schellenberg am Freitag sagte. Dieser Ausschuß war nach der Kooperation von SPD und Statt Partei 1993 ins Leben gerufen worden.

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