: Die „Talking Heads“ des Euro-Techno?
■ Zumindest optisch ist das Techno-Rock-Crossover-Trio Underworld interessant
Underworld spielen Techno für sogenannte Rock-Fans, doch das ist natürlich nicht das Problem. Das Problem ist, daß es Menschen gibt, die sich als sogenannte Techno-Fans oder sogenannte Rock-Fans begreifen. Doch das ist ein grundsätzliches Problem, also eine andere Geschichte.
Was aber ist das Problem bei Underworld? Sie glauben, daß man sogenannten Rock-Fans Techno nur nahebringen kann, wenn man wie eine Rockband auftritt und eine Gitarre benutzt. Dabei beweist – um nur ein Beispiel zu nennen – ein Techno-Minimalist wie Jeff Mills, daß man mit garantiert rockfreien Tracks auch Anhänger harter Gitarrenmusik begeistern kann.
Man muß dem Trio allerdings zugestehen, daß ihnen pure Techno-Musik kaum jemand abkaufen würde. Karl Hyde und Rick Smith sind bereits Mitte 30, und so haben sie schon verschiedene musikalische Phasen hinter sich, die natürlich alle ihren Einfluß hinterlassen haben. Hyde hat mit Coverversionen von Bluesrock-Stücken angefangen, und fast wären Smith und er als one hit wonder in die Fußnoten der Pop-Geschichte eingegangen: 1983 hatten sie als Freur mit dem Post-New-Wave-Stück „Doot Doot“ einen Hit. Zumindest Dubnobasswithmyheadman, das 1994 erschienene Dancefloor-Debüt von Underworld, hatte denn auch noch einen gewissen New-Wave-Einschlag. Und so ist es kein Wunder, daß Spex sich fragt, ob Underworld vielleicht „die Talking Heads des Euro-Techno“ seien.
Man muß Hyde, Smith und dem 24jährigen DJ Darren Emerson darüber hinaus zugestehen, daß – bei aller Skepsis – ihre Musik nicht so stumpf klingt wie die von The Prodigy („Firestarter“) oder den Chemical Brothers („Life Is Sweet“) die das Techno-Rock-Crossover mit Karacho in Verruf gebracht haben. Außerdem sind ihre Auftritte immer unter optischen Gesichtspunkten interessant, denn Hyde und Smith betreiben auch eine Werbeagentur, deren visuelle Innovationen sie stets bei Konzerten vorführen.
Allemal interessanter ist am Samstag abend das Rahmenprogramm. Während Underworld bestenfalls solide Musik spielen, die einen im Radio nicht stören würde, wenn sie denn da liefe, garantieren diverse DJs für aufregende Sounds: Marc Schneider, Tim Lorenz, Henry und andere, die in Soundsystems und Clubs wie Future Sound Of Hamburg, LINK oder Music For Our Children aktiv sind, legen Electronic Listening oder auch elektronische Clubmusik, die ein, na ja, intelligentes Tanzen erfordert. Auf jeden Fall ein sympathischer Kontrast. René Martens
P.S.: Kurzfristig hat sich das Programm geändert. Statt oben genannter DJs wird im Foyer das Hamburger Drum'n'Bass-DJ-Duo Green Piece auflegen. In der Großen Halle werden neben Underworld noch deren Stamm-DJ Darren Price und der Heidelberger Electro-Funker Move D auftreten.
Sa, 20. Juli, 21 Uhr, Markthalle
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