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Blauer Brief von der Finanzsenatorin

■ „Erinnerungspapier“ der Finanzsenatorin an Senatskollegen über bereits vereinbarte Sparleistungen erntet heftige Proteste. Einsparen von 572 Millionen Mark ist nur Vorübung für Sparhaushalt 1997

Der Kampf um den Landeshaushalt des kommenden Jahres hat begonnen. Schon die bloße Erinnerung der Finanzsenatorin an die bereits vereinbarten Kürzungen für 1997 sorgte gestern für einen Aufschrei bei den betroffenen Senatsverwaltungen.

In einem jetzt bekanntgewordenen Arbeitspapier hatte Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) vergangene Woche alle Ressorts des Senats an das Haushaltsstrukturgesetz erinnert. Das Abgeordnetenhaus hatte das Gesetz bereits im Frühjahr verabschiedet. Es ergibt für das kommende Jahr Kürzungen in Höhe von 572 Millionen Mark. Davon soll das Ressort Wissenschaft, Forschung und Kultur 200 Millionen Mark erbringen und die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr 158 Millionen. Grundlage dafür ist ein von der Finanzsenatorin vorgeschlagener Verteilungsschlüssel.

Beide Verwaltungen protestierten gestern scharf gegen die Mahnung der Finanzsenatorin. Sowohl der Wissenschaftssenator als auch der Bausenator teilten kategorisch mit, die verlangten Budgetschnitte „sind für uns nicht zu erbringen“.

Die Sparleistungen beziehen sich lediglich auf Sachausgaben. Sie sind Teil der rund 11 Milliarden Mark, die insgesamt zur Konsolidierung des Etats 97 erbracht werden müssen, betonte Finanzstaatssekretär Peter Kurth (CDU) gegenüber der taz. Dies soll geschehen durch Verkäufe von Landesvermögen (rund 2,5 Milliarden) und neue Etatkürzungen (rund 5 Milliarden). 3,5 Milliarden Mark an Ausgaben wurden bereits in diesem Jahr gestrichen. Um diese Summe vermindert sich auch das Defizit des kommenden Jahres.

Einen „Totalangriff auf die Universitäten“ nannte der Präsident der Freien Universität, Johann Wilhelm Gerlach, das Papier. Die Bündnisgrünen warfen der Finanzsenatorin „Wissenschaftsfeindlichkeit“ vor. Die Kritik der Wissenschaftspolitiker richtet sich gegen die Einstufung der Universitäten als „Sachausgaben“. Der als „konsumtiv“ gewertete Zuschuß an die Unis enthält jeweils das komplette Personal. Der Uni-Haushalt sei daher, so Präsident Gerlach, „keineswegs so flexibel wie der Sachmitteletat eines Bezirksamts, der Bleistifte und Betriebskosten, aber nicht das Personal finanziert“. Auch Wissenschaftsstaatssekretär Erich Thies sagte, er habe die „Finanzsenatorin davon bisher nicht überzeugen können“. Die Klassifizierung der Personalmittel der Unis als „konsumtiv“ hatte schon Landesrechnungshofpräsident Horst Grysczyk mehrfach kritisiert. 70 Prozent der Hochschulausgaben sind Gehälter für DozentInnen, Verwaltungspersonal und TutorInnen.

Finanzverwaltung und SPD- Fraktion mahnten unterdessen zur Mäßigung. Im Umgang mit Arbeitspapieren sei mehr Gelassenheit am Platze, meinte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Hans-Peter Seitz. Das Papier der Finanzverwaltung bereitet die Etatberatungen vor, indem es die Konsequenzen des Haushaltsstrukturgesetzes ins Gedächtnis ruft.

Der Etat für das kommende Jahr wird vermutlich erst im Februar 1997 verabschiedet. Die Finanzsenatorin will mit diesem späten Termin, wie sie sagt, Zeit für „eine offene Diskussion über die einzelnen Politikfelder“ schaffen. Christian Füller

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