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Keine Ehe dritter Klasse für Lesben und Schwule

■ Grüne wollen Gesetzesvorschlag für Homo-Ehe im Bundesrat platzen lassen

Hannover (taz) – Die Initiative Niedersachsens, eine „eingetragene gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft“ für lesbische oder schwule Paare zu schaffen, hat nach Auffassung des grünen Bundestagsabgeordneten Volker Beck keine Chance auf Zustimmung im Bundesrat. Beck kündigte im Gespräch mit der taz Widerstand der rot-grün-regierten Länder gegen den niedersächsischen Gesetzesvorschlag an, der eingetragenen gleichgeschlechtlichen Paaren nur einen Teil der Rechte von Ehepaaren garantieren will. Das rot-grün-regierte Hessen habe den niedersächsischen Vorschlag bereits abgelehnt, dieser Haltung würden sich die von den Grünen mitregierten Länder Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein anschließen, sagte Beck. Damit werde die Initiative Niedersachsens, die heiratswilligen lesbischen oder schwulen Paaren „nur eine drittbeste Lösung“ bietet, endlich zu den Akten gelegt.

Mit dem niedersächsischen Gesetzesvorschlag hatte Landessozialminister Walter Hiller auf das Nein des Bundesverfassungsgericht zur Schwulenehe reagiert. Bisher hat nur nur Bayern die eingetragenen gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft grundsätzlich abgelehnt. Nach Angaben des niedersächsischen Schwulenreferenten Hans Hengelein tritt die entsprechende Projektgruppe der SPD-regierten Länder auf der Stelle, weil Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein nach dem Eintritt der Grünen in die dortigen Regierungen noch keine Stellungnahme hätten abgeben können. Bisher schlägt die Projektgruppe vor, daß für die neue gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft im Miet- und Wohnrecht, im Straf- und Ausländerrecht, im Erbrecht und auch im Sozialhilfe-, Arbeitsförderungs-, Ausbildungsförderungs- und Wohngeldrecht die gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie für Ehepaare gelten sollen. Steuerrechtlich, sozialversicherungsrechtlich und auch in öffentlichen Dienstrecht sollen nach den niedersächsischen Vorstellungen eingetragene schwule oder lesbische Paare wie Unverheiratete behandelt werden. So sollen durch die neue Lebensgemeinschaft für die öffentlichen Haushalte keinerlei zusätzliche Kosten entstehen. Nach Auffassung von Volker Beck wird mit dem niedersächsischen Vorschlag Diskriminierung festgeschrieben, obwohl für ihn „zur Zeit mehr möglich ist“. Schließlich sei in Umfragen bereits eine Mehrheit der Bundesbürger für die Schwulenehe, sagte der grüne Abgeordnete. Beck kritisierte etwa, daß nach dem niedersächsischen Vorschlag der eingetragene Partner zwar erbberechtigt sei, aber Erbschaftssteuer wie ein Unverheirateter zahlen solle. Auch die gemeinschaftliche Adoption und ein gemeinsamer Familienname müsse in jedem Fall eingetragenen Paaren ermöglicht werden, verlangte Beck. Er hält die niedersächsische Initiative auch für gesetzestechnisch kaum umsetzbar: In über 700 bundesdeutschen Gesetzen werde auf die Ehe Bezug genommen. Bei dem Vorschlag aus Niedersachsen müsse für jedes einzelne dieser Gesetze festgelegt werden, ob eingetragene Paare Ehepaaren gleichstehen oder nicht. Als zweitbeste Lösung, die die Grünen mittragen könnten, schlägt Beck das skandinavische Modell vor. Dort seien eingetragene gleichgeschlechtliche Paare zunächst Ehepaaren grundsätzlich gleichgestellt worden, und dann habe man einzelne Ausnahmeregelungen für die eingetragenen Paare definiert. Jürgen Voges

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