: Schönbohm will Berlin proper machen
■ Innensenator Schönbohm zieht Bilanz. Im öffentlichen Dienst keine weiteren Personaleinsparungen möglich
Der Innensenator ringt mit sich und einem neuen Zuständigkeitsbereich: dem Müll. Jörg Schönbohm (CDU) stört sich seit seinem Dienstantritt vor einem halben Jahr daran, daß Berlin an vielen Stellen eine „verlottert aussehende Stadt ist“.
Er sei dafür nicht originär zuständig und nicht der „Müllsenator“, sagte Schönbohm auf seiner gestrigen Halbjahresbilanz, aber es sei allen klar, „daß es so nicht weitergeht“. Also hat Schönbohm mit seiner Kollegin aus dem Justizressort Lore-Maria Peschel-Gutzeit (SPD) eine Art „SoKo“ Graffiti gebildet. Der Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen, Wolfgang Wieland, hat Innensenator Schönbohm deswegen zum „Meister Proper“ ernannt.
Der CDU-Politiker behandelte auch die Politikfelder, für die er originär zuständig ist: Haushalts- und Personalpolitik, Innere Sicherheit, AusländerInnen, Verwaltungsreform. Im Gegensatz zu Teilen der CDU sieht er „keine Alternative“ zur Konsolidierung des defizitären Berlin-Budgets.
„Ich bin fest entschlossen, an der Seite von Finanzsenatorin Fugmann-Heesing diesen Kurs mitzugehen“, versicherte er. Über die Prioritäten bei der Kürzung der Mittel müsse jedoch weiter diskutiert werden.
Für den öffentlichen Dienst Berlins heißt das: 17.300 Stellen will der Innensenator bis 1999 abbauen. Zweitausend Beamte will Schönbohm an zuziehende Bundesbehörden abgeben. Mit dieser „gewaltigen Sparleistung“ sei aber die Grenze erreicht.
Ausgerechnet in seinem eigenen Bereich sei der Personalabbau „außerordentlich schwierig“ zu gestalten, klagte der Innensenator freilich. Zweitausend Polizeibeamte sollen laut Kürzungsbeschluß bis 1999 gehen. Schon in den letzten fünf Jahren sei die Polizei um 1.000 Mitarbeiter abgebaut worden, und für eine polizeiinterne Personalreform müsse er weitere 2.000 Stellen im mittleren Dienst streichen.
Das Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, das in Berlin im Frühjahr 7.000 Polizisten zuviel (im Vergleich zu anderen Großstädten) gezählt hatte, war dem Senator nicht bekannt. Er wolle lieber in die Polizeiausrüstung investieren, wandte sich Schönbohm direkt an die Reporter der Boulevardblätter.
Ungehalten machte den Innensenator das unflätige Verhalten gegenüber der Polizei. In über 3.600 Fällen wird wegen verbaler Attacken gegen „Bullen“ etc. ermittelt, zitierte er eine auf sei Geheiß hin angelegte Statistik. Die Äußerungen selbst, so Schönbohm, seien „unerträglich und nicht zitierfähig“. Christian Füller
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