piwik no script img

„Luftverkehr ist die größte Herausforderung“

■ Interview mit Wolf Michael Iwand, dem „Umweltbeauftragten“ der Touristik-Union International (TUI), über seine Rolle im Konzern und die ökologischen Probleme des Reisens

Gestern hat die TUI ihr Winterprogramm vorgestellt. Die taz sprach mit dem für Umweltfragen Zuständigen des größten europäischen Reisekonzerns.

taz: 1990 richtete die TUI die Position eines Umweltbeauftragten ein – zwei Jahre, bevor der Umweltgipfel in Rio stattfand. Warum?

Wolf Michael Iwand: In erster Linie war es die Folge einer strategischen Neuorientierung. Im Zuge einer Untersuchung von McKinsey war das Haus auf den Kopf gestellt worden, und viele Arbeitsteams hatten darüber nachgedacht, wie die TUI in die 90er Jahre und darüber hinaus in das nächste Jahrtausend gehen sollte. Die Vorwürfe aus der Öffentlichkeit, von Kunden und von den Umweltorganisationen waren ja nicht unbekannt.

Man hat sich damals entschieden, einen hauptamtlichen Umweltbeauftragten einzurichten, der direkt im Vorstand angesiedelt ist.

Das war es, was ich als externer Berater der TUI damals empfohlen habe – nicht etwa die Einrichtung auszulagern und sich dann das Thema wie eine heiße Kartoffel hin- und herzureichen, sondern Farbe zu bekennen und den Konflikt, der ja erwartet wurde, im eigenen Haus auszutragen, und zwar an einer Stelle, die entsprechend positioniert werden muß. Dem Vorschlag ist der Vorstand damals einstimmig gefolgt. Erstaunlicherweise hat die wettbewerbsintensive Branche, die sich sonst einen hartnäckigen Kampf um jede Innovation liefert, auf die Innovation der TUI kaum reagiert.

Sie betonen den Pragmatismus der TUI-Umweltpolitik in den Zielgebieten. Wie sieht der aus?

Wir haben nie den großen Wurf gewagt und gesagt: Wir wollen diesen Planeten retten, sondern wir sagen: Die Aufgabe des Bereiches Umwelt heißt: Reduzierung der Umweltbelastung und zwar dort, wo wir sie durch unsere eigenen Gäste zu verantworten haben.

Lassen sich denn die Erfolge auch quantifizieren?

Ich denke schon. Das haben wir auch in diesem Jahr wieder mit der Fallstudie Fuerteventura gezeigt, eines unserer wichtigsten Zielgebiete. Dort haben wir am Einzelfall gezeigt, wie wir am Urlaubsort Mülldeponien abräumen lassen, wie wir zu geregelten Abfallentsorgungsstrukturen kommen, wie wir zu mehr Kläranlagen kommen, wie wir zu Wasser- und Energieverbrauchssenkungen kommen.

Was betrachten Sie als die größte Herausforderung für die Reisebranche in Sachen Umwelt?

Zur Zeit werden auf europäischer Ebene die ökologischen Auswirkungen des Luftverkehrs diskutiert. Das ist ein sehr schwieriges und zum Teil auch widersprüchliches Thema. Wenn beispielsweise radikalen Forderungen nachgegeben würde und man den Flugverkehr in Entwicklungsländer, die nur über den Luft- oder den Seeweg erreichbar sind, reduzieren oder einstellen würde, dann würde man diesen Ländern in vielen Fällen die wirtschaftliche Grundlage entziehen. Das beste Beispiel sind die Malediven. Würde sich dort das touristische Aufkommen aufgrund von weniger Flügen vermindern, würde die Ökonomie des Landes, die fast ausschließlich vom Tourismus abhängt, zusammenbrechen. Interview: Jens Uwe Parkitny

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen