: Der reinste Inderwahnsinn
■ Dope Beats und Sitar-Samples: Sindbad Culture DJ Style bei den Heimatklängen
Auch das Heimatklänge-Publikum wird nicht jünger. Darum wurde in diesem neunten Festival- jahr einiges unternommen, um die Angehörigen der Techno-Generation verstärkt ins Tempodrom- Zelt zu locken. Etwa eine lustige Lomo-Aktion, bei der sich Hobbyknipser die kleinen russischen Automatikkameras plus Film ausleihen können, um backstage oder auf der Bühne möglichst kultige Schnappschüsse zu machen, oder die „Heimatklänge meets Love Parade“-DJ-Party am 13. Juli.
Zur Halbzeit der Sindbad- Reihe wird nun eine ganze DJ-Partywoche eingeschoben, bei der die Londoner Radio- und Club-Koryphäe DJ Ritu die Plattenteller regiert. Beim BBC-Rundfunk gestaltet DJ Ritu allwöchentlich die „Bhangra in Beds“-Sendung, die samstagabends im Programm von Radio Multikulti übertragen wird.
Zum Auftakt der „Sindbad Culture in a DJ Style“-Tage im Tempodrom ließ sie am Montag zunächst phette Dope Beats mit Tabla und Sitar-Samples ertönen, kombiniert mit Dub à la Asia und Qawwali-Jungle. Begleiten ließ sich die eher zurückhaltende DJane zum Start vom Multi-Instrumentalisten Nitin Sawhney und seiner Band, dessen elegisch- verspielter Ethno-Acid-Jazz aber nicht so richtig zu zünden vermochte. Am nachhaltigsten in Erinnerung blieb da noch Sawhneys rhythmisches Flöten(!)solo – der Rest war eher Futter für den heimischen CD-Player. So mühte sich denn auch das Tänzerpaar Sneha und Saab mit schönen Flamenco- Bauchtanz-Einlagen nach Kräften, die Menge zum Tanzen zu animieren, doch das Publikum brauchte mehr, um vom Partykonzept überzeugt zu werden – gar nicht so einfach schließlich, ein herkömmliches Freiluftkonzert in einen Open-air-Rave umzuwandeln.
Erst mit Schnellsprecher JC001, der sich ganz unbescheiden als Guinnessbuch-geprüfter „fastest rapper in the world“ bezeichnet, und vor allem mit den energischen Dhol-Drummern um Johnny Kalsi kam Leben in die Bude – Raga plus Ragga, Dance-Techno mit Trance- Trommeln. Zum Bhangra-Bounce mit Hindipop-Einsprengseln trommelte das Percussionisten-Trio in glitzernden Pluderhosen vor allem ihre Exillandsleute in Ekstase: Inderwahnsinn! Leider mußte die Party mal wieder enden, als sie gerade ihren Höhepunkt erreicht hatte. Aber das Experiment ist gelungen, und das ist ein gutes Omen für die Zukunft der Heimatklänge, die, soviel steht schon fest, auch im nächsten Jahr wieder stattfinden werden. Voraussichtliches Thema zum zehnjährigen Jubiläum: „Return of the Gypsies“. Daniel Bax
Bis 4. 8., 21.30 Uhr (So. 16 Uhr), Tempodrom, In den Zelten
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen