: Anerkennung für Tagesmütter
■ Noch haften Ersatzmütter bei Unfällen selbst für ihre Schützlinge / Landesverband gegründet
Sie sind unterbezahlt und haben oft keine rechtliche Absicherung: Tagesmütter müssen um soziale und wirtschaftliche Anerkennung kämpfen. Aus diesem Grund haben sich mehr als 30 niedersächsische Tagesmüttervereine und Initiativen zu einem Landesverband zusammengeschlossen. „Wir wollen eine angemessene Bezahlung, eine Haftpflichtversicherung und eine einheitliche Qualifikation der Tagesmütter durchsetzen“, sagt die Vorsitzende Marianne Elstner.
Als sich vor über 20 Jahren in Hannover, Holzminden und Wilhelmshaven die ersten Vereine gründeten, stand die Qualität der Pflege schon zur Diskussion. Bis heute gibt es im Kinderjugendhilfegesetz keine Bestimmung, die die Ausbildung von Tagesmüttern regelt. Innerhalb von zwei Jahren sollten die Ersatzmütter nach Ansicht des Verbandes eine Ausbildung von 160 Stunden absolvieren.
„Bisher hat sich die Landesregierung jedoch quer gestellt, weil sie das Vorhaben nicht finanzieren will“, meint die ehemalige Tagesmutter. Dabei soll eine Ausbildung die rechtlichen, pädagogischen und psychologischen Aspekte des Berufs abdecken. Elstner sagt: „Das ist wichtig, weil Tagesmütter die Erziehung des Kindes mit den Eltern absprechen müssen. Gerade bei Kleinkindern können sie einen erheblichen Einfluß auf die Entwicklung des Kindes ausüben.“
Die Idee der Tagesmutter wanderte von Skandinavien nach Norddeutschland. In Schweden kümmerten sich in den 70er Jahren erstmalig Ersatzmuttis um fremde Sprößlinge. Heute sind allein in Niedersachsen fast 700 Tagesmütter erfaßt. Die Dunkelziffer wird allerdings doppelt so hoch geschätzt.
Die meist fehlende Versicherung kann nach Unfällen fatale Folgen haben. So mußte in Oldenburg eine Tagesmutter für den Schaden aufkommen, als ihr Pflegekind in einen Teich fiel und einen Hirnschaden erlitt. Der Verband rät den Frauen, sich über örtliche Tagesmüttervereine zu versichern oder einen entsprechenden Zuschlag zu einer bestehenden Versicherung zu zahlen.
Seit 1993 darf eine Tagesmutter nach dem Kinderjugendhilfegesetz bis zu drei Kinder ohne Anmeldung beim Jugendamt aufnehmen. Von der Behörde bekommen die Frauen pro Kind im Monat 655 Mark, wenn sie dort gemeldet sind. „Das ist in Ordnung, wenn sie drei Kinder betreut“, sagt die 59jährige Marianne Elstner. Bei weniger Pflegekindern aber stehe Aufwand und Bezahlung in keinem Verhältnis. „Die Ersatzmuttis arbeiten 40 Stunden oder mehr im Monat und erhalten in einigen Gemeinden weit weniger Geld als den vereinbarten Betrag.“ Nicole Knaak, dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen