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Unbestimmt prioritär

■ Gutachten schützt seltenen Wachtelkönig vor Neubau-Ghetto in Neugraben-Fischbek

Das geplante Wohn-Ghetto für 10.000 Menschen auf der grünen Wiese in Neugraben-Fischbek droht erfreulicherweise zu scheitern: Der dort seit Urzeiten beheimatete Wachtelkönig ist ein Souverän von nationaler Bedeutung. Und darf deshalb nicht von lokalen Politikern, die den Moorgürtel im Hamburger Süden lieber zubetoniert sähen, aus seinem Reich vertrieben werden. Jedenfalls nicht ohne den Segen der Europäischen Union.

Das bestätigt das Kieler Institut für Landschaftsökologie. Gestern legte es das Gutachten zur Bewertung des Wachtelkönig-Habitats im Auftrag der Stadtentwicklungsbehörde (Steb) vor. Danach zählt der Hamburger Wachtelkönig-Bestand zu den bundesweit 20 bedeutendsten. Nach Ansicht der Gutachter ist er im Sinne der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie „als prioritäre Art“ einzustufen.

Direkte Beeinträchtigungen (Flächen-Versiegelung, Lärm) durch den geplanten Wohnungsbau seien für den Wachtelkönig als „gering“ bis „mittel“ zu bewerten. Indirekte Beeinträchtigungen (Pferdehaltung, streunende Katzen, Hunde) aber stellten eine „hohe“ bis „sehr hohe“ Gefahr für das seltene Federvieh dar.

Die Häme von GAL und Naturschutzverbänden, der Senat habe eine „schallende Ohrfeige“ erhalten und müsse neu planen, nahm die Steb gelassen hin: „Wir gehen weiterhin davon aus, daß mit dem ersten Bauabschnitt spätestens Anfang 1997 begonnen wird“, so Sprecher Bernd Meyer. Die Bewertung „nationale Bedeutung“ sei ein „unbestimmter Rechtsbegriff“, der erst noch zu klären sei. Der Senat werde Ende August entscheiden, „in welcher Form er die EU befassen“ werde. Soll die Bebauung wider den Wachtelkönig durchgesetzt werden, ließen sich „zwingende Gründe des öffentlichen Interesses“, die nachzuweisen es gilt, schon finden, befand Meyer optimistisch. Heike Haarhoff

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