■ Standbild: Unruhe im Regenwald
„37 Grad: Der letzte Donaufischer“, Di., 22.15 Uhr, ZDF
„Möge sie ein Sinnbild des strömenden Lebens bleiben.“ Ein Pfarrer segnet die Donau – sie hat es zugegebenermaßen nötig. Von Staustufen ausgebremst, hat diese Zähmung den Fluß verändert. Nur 70 Kilometer sind in Deutschland noch unverbaut, mit Auwäldern, Kiesbänken und Überflutungsfeldern – so wie man sich einen ordentlichen Fluß eben vorstellt.
Autor Niko Remus nennt das die „letzten Regenwälder in unseren Breitengraden“. Sein Blick ist folgerichtig der des empörten europäischen Amazonasreisenden, der Welten versinken sieht. Nicht unbedingt folgerichtig bemüht er dabei genretypische Klischees in Wort und Bild. Versinken wird zum Beispiel der Donaufischer Johann Mayer, dessen Familie schon seit 1706 „wertvolle Speisefische“ aus dem Wasser zieht.
Die werden staubedingt immer weniger, und irgendwann wird es sich nicht mehr lohnen für ihn. Traurig stochert er folgerichtig mit seinem Kahn durch Seitenarme des Flusses, und folgerichtig spielt dazu eine kleine Weise mit südamerikanischem Touch. Seltsam nur, daß zur Bebilderung der schönen Auenlandschaft die Fauna offenbar besser taugt als die Flora: Hier lugt ein Reh postkartentauglich durchs Gehölz, dort saust eine Bisamratte vorbei, nur den Biber haben sie leider verpaßt.
Die Rolle der Tropenholzräuber spielen folgerichtig die Männer von der Rhein-Main-Donau- Kanal AG. Ein sinnloses Projekt verteidigen zu wollen ist per se sinnlos: Parallel zum Kanal fährt die Bahn, und ein nagelneuer Binnenhafen verschandelt in stiller Nutzlosigkeit das Ufer. Da hätte es die Bilder böser Bagger wirklich nicht mehr gebraucht.
„Kein langer, ruhiger Fluß“ – geglaubt. Aber die Konzentration auf die Arbeit des letzten Donaufischers als Spiegel dieser Unruhe wäre viel interessanter gewesen als diese versatzstückhafte Dokumentation. Fischer Mayer sammelt auf seinem Speicher schon lange „Nostalgie“, „Sachen, die man nicht mehr braucht“. Und seinen Marktstand betreibt er auch nur noch aus „Tradition“. Barbara Häusler
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