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Besetzer? Ausziehen!

■ Die letzten beiden besetzten Häuser im Westteil Berlins wurden geräumt

Berlin (taz) – In Westberlin gibt es keine Hausbesetzer mehr. Die letzten besetzten Häuser im Bezirk Charlottenburg wurden gestern morgen von der Polizei überraschend geräumt. Vor einer Woche hatten mehrere Hundertschaften der Polizei die beiden Häuser an der Marchstraße und am Einsteinufer durchsucht und mehrfach betont, daß es keine rechtliche Grundlage für eine Räumung gebe. Die 1981 zu Hochzeiten der Hausbesetzerbewegung unter dem damaligen Regierenden Bürgermeister Hans-Jochen Vogel (SPD) beschlossene „Berliner Linie“ verlangt für eine Räumung dauerhaft besetzter Häuser unter anderem den anschließenden Abriß oder die Sanierung der Gebäude. Beides ist derzeit nicht geplant oder genehmigt. Neubesetzungen dürfen binnen 24 Stunden geräumt werden.

Die Räumung diene „nicht dem Frieden der Stadt“, kritisierte gestern die Charlottenburger Bezirksbaustadträtin Beate Profé (Grüne), die noch am Mittwoch mit den Bewohnern über die zukünftige Nutzung der Gebäude verhandelt hatte.

Nach Polizeiangaben wurden zwei Personen wegen vorliegender Haftbefehle festgenommen. Weitere 27 Personen seien des Geländes verwiesen worden. Nach Angaben der Besetzer wurden mindestens 70 Menschen obdachlos.

Die beiden Häuser waren bei einem mehrmonatigen Streik an den Berliner Universitäten Anfang 1989 besetzt worden. Das Gelände war als Erweiterungsgelände für die Universitäten vorgesehen. Die Eigentümerin der Häuser, die Henning von Harlessem GmbH, hatte daher die Gebäude leerziehen lassen. Berlins Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) hatte bei seinem Amtsantritt im Januar angekündigt, das „Problem der Hausbesetzungen“ zu lösen. Seither wurden fünf langjährig besetzte Häuser und eine Wagenburg geräumt. Im Ostteil sind nach Polizeiangaben noch elf von ursprünglich etwa 150 Häusern besetzt. Gereon Asmuth

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