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Warme Worte und auch frische Luft

■ Ein illustrer Gratulationsreigen: Der 8. Schmidt-Geburtstag lockte neben vielen Künstlern wie Heino und Tim Fischer sogar die Kultursenatorin Christina Weiss an

Rauchen und Trinken („Dank an die Sponsoren“) in beinahe frischer Luft – der 8. Schmidt-Geburtstag war der bislang am besten belüftete. Herr Littmann führt am Donnerstag abend selber durchs Programm und nimmt zu Beginn die „warmen Worte“ – wie er sich später bedankt – von Hamburgs höchster Kulturbürokratin Christina Weiss (parteilos) entgegen.

Die Beine leger gekreuzt am Piano lehnend, streicht er sich in Momenten höchsten Lobes bescheiden lächelnd ein Härchen an der Schläfe glatt. „Er hat die Reeperbahn gerettet“, kommt es über die Lippen einer schmunzelnden Senatorin. „Als Frauensenatorin hätte sie ihm gleich noch gratulieren können, wieviel er damit für die Frauen getan hat“, stichelt Lisa Politt am Rande.

Und doch liegt eine Stimmung von „Hurra, wir leben noch, haben das TV nur mal zum Geburtstag zu Besuch und sorgen jetzt dafür, daß es am Spielbudenplatz brummt“ in der Luft. Herr Littmann zieht zarte Vergleiche zwischen Frank Zehnkampfsilber Busemann und einem Theater, das einmal als Unmöglichkeit angefangen habe, urplötzlich zu „everybody's darling“ heranwuchs und seit acht Jahren doch täglich in jeder Hinsicht gehegt sein will, um zu überleben.

Und er dankt der Technik, erinnert bewegt an die Toten, die „uns geprägt haben“ – und daran, welchen Lebensmut sie hinterließen. Also muß die Show weitergehen – wahrlich umwerfend die russischen Super-Clowns Eduard und Maxime im „Wachsfigurenkabinett“.

Danach wird ein Star geboren, der vorgeblich nur vertretungsweise für den 1. Post-Chorleiter einspringen durfte. Herr Hans Hermann Thielke, mit geradezu zwanghaft ansteckender Komik, gegeben von Helmut Hoffmann, ist das Fossil des deutschen Beamten, ein Post-Choraktivist in beigem Pullunder und der lebende Beweis für die Lustigkeit der Bürokratie.

Alle Jahre wieder unvermeidlich sind die als „gnadenloses Varieté“ angepriesenen Einlagen wie die Travestie Rumba Drastique von Olivia Johns. So oft es nur gerade paßt, kommen dann die Trockennebeldüsen zum Einsatz, um eine erneute kraftvolle Demonstration der Lüftungsanlage zu erlauben.

Doch zum Geburtstag gab's außer Herrn Thielke noch mehr echte Perlen. Junge Stars wie Tim Fischer oder altbekannte Geburtstagsgäste wie Heino, der Dichter mit den schön kurzen langen Gedichten, oder auch der Neuling Karsten, die Bühnenschlampe „aus Solidarität“ (Littmann), enthusiasmieren ihre alten und neuen Fanclubs.

Die Missfits, Herrchens Frauchen, Eddy Winkelmann und nicht zuletzt Michi Kleiber als der tristest-komischste Alleinunterhalter aus Rüdesheim zünden ihre Geburtstagsständchen, und der Glitzerkugelmond kreist darüber unbeschienen an der Decke. Franca Schweizer tupft mit einem open-end-Konzert den letzten Höhepunkt in die frühen Morgenstunden – und das, so lange sie ihren Spaß daran hatte.

Julia Kossmann

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