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Der taz-Sommerroman: "Dumm gelaufen" - Teil 25

Und mit einem Paar Handschuhe für die Chirurgie nahm sich Weizen die Joyce von Carola, wechselte sie gegen Twiggy aus, ein freches Magazin für Mädchen, und öffnete wie Carola auf einer Seite in der Zeitschrift den Streifen aus der Anzeige von Cool Water, dem Parfum. Ein wenig später ging Weizen auf die Straße zu den anderen Straßen. In allen Straßen schien das Verbrechen auf eine günstige Gelegenheit zu warten. Weizen liebte seine perfekte Tat nicht, nicht die Geschichte, und sein Blick sammelte die letzten Touristen auf. Einige wagten sich noch durch die Straßen der Huren. Einige verfluchten den Morgen. Einige blieben einfach auf der Straße liegen. Der Morgen versorgte ihren Schlaf. Die Nacht zog sich vom Kopfsteinpflaster zurück. Und Weizen hatte eine Leiche gemacht. Die Brauns hatten den Rest zu besorgen! Hinter Weizens Schritten verbrannten die Beweise in einer Mülltonne.

Poller ist auch ein sehr großer Hund, ein ganzer Schäferhund

Die Zubereitung von Hundefutter, wie man sich durchs Leben zappt und ein Kommissar, der zwar denken, aber überhaupt nichts beweisen kann

Glatter tischleindeckte, während Poller das Rezept für ihr tägliches Abendbrot studierte: Mischung mit Trockenfutter, gekochtem Reis oder Haferflocken möglich. Zur optimalen Verträglichkeit und zur vollen Entfaltung des Geschmacks sollte Schmatz eine Zimmertemperatur zwischen 11-17 Grad haben. Fütterungsvorschlag. Großer Hund. Zwei Dosen pro Tag. Poller entdeckelte drei Dosen. Sie mußten in letzter Zeit selbst am Hundefutter sparen. Glatter! rief Poller. Bist du heute ein großer oder ein kleiner Hund? Waaauu! bellte Glatter. Waaauuu, also ein ziemlich großer Hund. Poller wärmte langsam die braunen Brocken in den Dosen auf. Das leckere Gelee schäumte an der Oberfläche und warf weiße, glasierende Blasen. Und ein Hauch von Rind hatte sich auch schon in die Luft gelegt. Ihre Mägen kniffen sich vor Lust am Schmerz, im Zeichen des gemeinsamen Hungers, zusammen. Endlich ging es zu Tisch. Guten Hunger, Glatter! Gleichfalls, Poller! Zuerst fischten sie sich die dicken Brocken, Huhn und Rind, dann erst die leckeren, gehaltvollen Flocken. Und Glatter sparte sich wieder einen Brocken Huhn zum letzten Biß auf. Das machte er immer mit besonders guten Leckereien auf seinem Teller. Glatter wurde ein ganzer Kerl, dank Schmatz. Poller zeilte beim Schmatzen durch die Todesanzeigen der Zeitung; alte Bekannte treffen. Glatter leckte seinen Teller sauber. Poller legte ihm ein paar Schlagzeilen in die Hände. Glatter fürchtete sich plötzlich vor einem Herzinfarkt. Henrys leckere Brocken detonierten in seinem Magen. Glatter hanste nicht mehr im Glück. Poller hatte Visionen. Glatter sah sich auf der Flucht. Poller siebenmeilte mit. Denn Denise suchte im aktuellen Tagesblatt, mit Hilfe einer großen Anzeige, sachdienliche Hinweise, die zur Aufklärung des feigen, hinterhältigen und bestialischen Mordes an Herbert Schmackes, ihrem Großvater, führen sollten. Und sie bot dem ehrlichen Verräter nicht hundert, nicht tausend, nicht zehntausend deutsche Mark für die Köpfe von Glatter und Poller, sondern ihr Preis sollte ihre Einzimmerwohnung in der Langen Reihe sein, für DM 500,- inkl., zuzüglich Denise, F/17/58/173, attr., bld., led., kath., viels., krea., zum Lachen. Leben. Lieben. Eine spätere Heirat wurde von Denise nicht ausgeschlossen. Und sie konnte und würde auch kochen. Spanisch. Französisch. Englisch. Auch süß-sauer. Und zudem bot sie ihren Sexus einmal die Woche an, auch spanisch, französisch, englisch, unter der Voraussetzung, daß man Denise wenigstens die Besenkammer in der Wohnung als Obdach überlassen würde. Die hetzt uns die gesamte Nachbarschaft auf den Hals! Um den Hals, würgte Glatter. Sind wir in Gefahr!?

(Fortsetzung folgt)

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