■ Standbild: Ab ins Archiv
„Guten Morgen, Mallorca“, Fr., 21.15 Uhr, RTL
Wer in den Sommermonaten nicht in die Ferien fahren kann, ist arm dran. Schon angesichts der hiesigen TV-Grundversorgung. Kaum ein Sender verschleudert seine teuren Eigenproduktionen an die wenigen Daheimgebliebenen – wenn schon die Quoten in den Keller gehen, steigt der Programmplaner lieber gleich mit hinab ins Archiv und hebt kostenneutrale Wiederholungen auf die verwaisten Sendeplätze.
Prinzipiell löblich also, daß RTL am Freitag mit einer Eigenproduktion aufwartete. Gedreht wurde zudem im „17. Bundesland“ Mallorca, so daß auch die Balkonien-Reisenden noch ein wenig TUI-Feeling erwarten durften. Allein: Der Pilotfilm zu „Guten Morgen, Mallorca“ war derart arm an filmischer Qualität, dramaturgischer Kreativität und schauspielerischer Größe, daß es wohl doch dabei bleibt: Selber Urlaub machen wäre die bessere Lösung gewesen.
Ute Willing hat sich, so scheint's, nicht wirklich von ihrem Sesamstraßen-Engagement erholt. Überkandidelt gibt sie uns eine ahnungslose Ehefrau und Mutter, die mittellos auf der Urlaubsinsel strandet, weil der Gatte sich heftig in diverse nebulöse Anlagegeschäfte verstrickte und über Nacht wegen Steuerbetrug ins Gefängnis einfuhr. Das Erwachen am nächsten Morgen ist grausam: das Konto leer, die Kreditkarte gesperrt, das Sparbuch gepfändet, steht die Frau vor dem Ruin. Pardon: stünde vor dem Ruin – wäre da nicht die illustre Ansammlung von Gutmenschen, die mit vielen großherzigen Taten (und wenig darstellerischer Überzeugungskraft) doch noch eine Perspektive für etliche Folgen der Serie zusammenzimmert. Und so nimmt Werner Schulze-Erdel als schlecht rasierter Radiomoderator Ostermann die Gestrandete großzügig in seine Finca auf, Jochen Busse als superkorrekter Rechtsanwalt aus Gelsenkirchen klärt mal eben per Telefon diverse juristische Fragen, und das schwule Paar aus der „Bar Marlene“ stellt die Willing spontan als Tellerwäscherin ein. Abspann. Fortsetzung folgt.
Man ahnt, wie es weitergehen wird. Will es aber gar nicht wissen. Es ist den Darstellern zu wünschen, daß wenigstens sie während der Dreharbeiten ein paar schöne Stunden auf Mallorca verbracht haben. So hätte alles doch noch einen Sinn gehabt. Aber hätte man das Ganze nicht auch ungesendet ins Archiv tragen können? Klaudia Brunst
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