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Es droht Aufstand am Po der Welt

■ Rom soll weichen: Norditaliens Sezessionisten kündigen die Sprengung von Sendemasten des Staatsfernsehens RAI an

Rom (taz) – Für Italiens Sezessionisten ist der 15. September ein magisches Datum: An diesem Tag will die Liga Nord mit Flugzeugkorsos und einem Aufmarsch die Loslösung von Rom verkünden, dann soll die „Republik der Poebene“ entstehen.

Was bisher als hysterisches Geschrei des Liga-Vorsitzenden Umberto Bossi abgetan wurde, scheint mittlerweile nicht mehr auszuschließen. Ohne sichtbare Gegenstrategie torkelt Roms Mitte-links- Regierung zwischen „Dialog“ und finsterer Androhung von „Konsequenzen“ hin und her. Erst am Wochenende scheint das Kabinett Prosi aus seiner halbschläfrigen Urlaubsstimmung aufgewacht zu sein. Da kündigte Bossi an, man werde die Sendemasten des Staatssenders RAI in Oberitalien sprengen. Anlaß war die Ernennung der neuen Chefs der drei Sendeketten der RAI. Da hatten die Politiker wieder einmal „vergessen“, was sie noch vor kurzem versprochen hatten, nämlich einen der drei Sender vorwiegend mit überzeugten Anhängern eines akzentuierten Föderalismus zu besetzen. Statt dessen wurde nach Parteienproporz und dem Belieben der regierenden Politfürsten ernannt.

Zwar hat Umberto Bossi nicht so ganz die freie Hand, derer er sich als Liga-Vorsitzender rühmt: Bei den letzten Parlamentswahlen war erstmals nicht sein Mailänder Landesverband als stärkste Bastion der Liga-Bewegung hervorgegangen, sondern der aus Venetien, wo moderatere Töne vorherrschen. Außerdem formiert sich bereits seit einiger Zeit eine interne Opposition, die eher einen Föderalismus nach bundesdeutscher Art sucht, nicht aber die totale Abspaltung.

An ihre Spitze hat sich vorige Woche die ehemalige Parlamentspräsidentin Irene Pivetti gesetzt, die zugleich die Verbindungsfrau zur katholischen Kirche ist. Bossi warf sie daraufhin wutentbrannt aus der Partei. Doch als Irene Pivetti unerschrocken zu einer Versammlung kam, folgten die Leute ihr und nicht Bossis Statthalter.

Ob Bossi seine stur abspalterische Linie durchhält, ist daher noch nicht ausgemacht. Allerdings scheint sein „Poebenenvolk“ derzeit so sehr aufgehetzt, daß auch er möglicherweise die Bremse kaum mehr ziehen kann. Der 15. September wird's zeigen. Werner Raith

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