Kein Atomtest-Konsens

■ Generalversammlung der UNO soll über Vertragsentwurf entscheiden

Genf (taz) – Die Bemühungen um einen Konsens der UNO-Abrüstungskonferenz für einen Atomwaffenteststoppvertrag sind endgültig gescheitert. Seit gestern laufen hinter den Kulissen intensive Bemühungen insbesondere der USA, außerhalb der Konferenz eine möglichst große Mehrheit ihrer 61 Mitgliedsstaaten als Sponsoren für eine Resolution zu gewinnen, die sich für eine Übersendung des Vertragsentwurfs an die UNO-Generalversammlung in New York ausspricht. Soll der Vertrag – wie vor allem von der US- Administration angestrebt – noch dieses Jahr zur Unterzeichnung ausgelegt werden, müßte die Generalversammlung ihn noch vor Ende ihrer 50. Sitzung am 15. September formal verabschieden.

Neben Indien hatte auch der Iran diese Woche angekündigt, ohne Änderungen des vorliegenden Vertragsentwurfs werde er dessen Verabschiedung nicht zustimmen. Wie Neu-Delhi bereits seit Beginn der Verhandlungen im Jahre 1994, fordert auch Teheran jetzt eine verbindliche Abrüstungsverpflichtung der fünf offiziellen Atomwaffenmächte (USA, Rußland, China, Frankreich, Großbritannien) in den Text aufzunehmen. Außerdem solle die Bestimmung gestrichen werden, wonach bei der Überwachung der Vertragseinhaltung neben Aufklärungsinstrumenten der künftigen internationalen Überwachungsbehörde auch nationale Aufklärungsmittel eingesetzt werden können. Schließlich verlangt der Iran, daß Israel in dem künftigen, aus 51 Staaten bestehenden Überwachungsgremium nicht derselben Regionalgruppe (Asien/Nahost) angehört, sondern der westlichen Staatengruppe zugeschlagen wird. Da die fünf Atomwaffenmächte jegliche Änderung des Vertragstexts ablehnen, sind alle diese Forderungen zumindest in der Abrüstungskonferenz ohne Chance.

Nicht sehr groß ist die Begeisterung auch bei den 24 Konferenzstaaten des Südens, die in dem Vertragsentwurf vor allem die Interessen der fünf Atomwaffenmächte verwirklicht sehen. Sie werden daher eine Resolution zur Übersendung des Vertrags nach New York wahrscheinlich nicht aktiv unterstützen. In Genf wird nicht ausgeschlossen, daß nicht mehr als 40 der 61 Konferenzstaaten als Sponsoren der Resolution auftreten. Eine derart schwache Unterstützung in der Abrüstungskonferenz könnte Indien, den Iran oder andere Staaten dazu ermutigen, in der UNO-Generalversammlung noch Änderungsanträge einzubringen. Die Verabschiedung des Vertrags vor dem 15. September wäre dann unwahrscheinlich. Andreas Zumach