: Keine großen Worte
■ Originelle Maßnahmen und Jammerdevotionalien: Hamburger ProfessorenInnenschaft steigt ins Werbe-Business ein Von Markus Götte
Nix Demos, keine Protestnoten, keine Unistreiks gegen Sparmaßnahmen und Stellenkürzungen. Damit haben Hamburger ProfessorInnen nichts am Hut. Sie setzen auf den Handel mit Jammerdevotionalien gegen das Sparen und mit der Aktion „Uni in der Stadt“ vom 9. bis 30. Mai auf eine ausgebuffte Image-Werbe-Kampagne für die Hochschule.
Gestern präsentierte Uni-Chef Jürgen Lüthje höchstpersönlich „originelle Maßnahmen“, um das Image der Universität Hamburg aufzupeppen und die „verzweifelten Bemühungen der Uni gegen Sparmaßnahmen transparent zu machen“. Per Video, „Multimedia-Disketten“, mit Elternbriefen und öffentlichen Vorlesungen soll die Leistungsfähigkeit der Uni gepriesen und die Botschaft 'rüberkommen: „Die Uni ist so wichtig wie der Hafen“.
Start des bundesweit einmaligen Werbefeldzugs der Hamburger ProfessorInnenschaft ist heute. Allüberall in der Hansestadt sollen jetzt schwarze Din A1 Plakate an den Litfaßsäulen kleben. „Kein Text. Kein Bild. Die Uni muß sparen. Und große Worte können wir uns nicht leisten“, jammert es den HamburgerInnen entgegen. Zehn Tage später soll zum Start der Aktion „Uni in der Stadt“ ein neuer Spruch folgen. Ab 9. Mai steht dann ein Zelt auf dem Gänsemarkt, wo immer dienstags und donnerstags, jeweils um 12 und 15 Uhr, Uni-Live zu erleben ist: Öffentliche Vorlesungen „zu spannenden Themen“ aus Wirtschaft, Politik oder Psychologie.
Fast alle Fachbereiche habe man in die PR-Arbeit einbinden können, erzählt der zum Werbechef avancierte oberste Hochschuldidaktiker, Professor Rolf Schulmeister. Nur die Nörgler aus dem Fachbereich Sozialwissenschaften wollen nicht mitmachen. Denen sei das alles „zu unpolitisch“, murmelt Schulmeister: „Dabei war ich doch auch aktiver 68'er und weiß, daß Protestmärsche nichts als Frust gebracht haben.“
Drum will er mit anderen Mitteln kämpfen. Mit leuchtenden Augen redet er von modernem Marketing-Know-How, von Hypertext auf Disketten und von Video. Richtig professionell sei alles aufgezogen worden, mit Sponsoring und so. Sorgen macht ihm nur noch die Finanzierung zweier Werbeträger: einer „tollen“ Postkarte und eines „super“-T-Shirts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen