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Gelbe Murmeln für die Junta

Gambias Militärherrscher zeigt, wie man auf dem Papier Demokratie einführt, ohne seine Macht aufs Spiel zu setzen. Das Volk spielt mit  ■ Aus Banjul Jobst Münderlein

Politische Kultur war in Gambia lange ein Fremdwort. Seit kurzem gedeiht sie – aber wird sie auch aufblühen? 87 Prozent der registrierten Wähler des westafrikanischen Kleinstaats mit knapp über einer Million Einwohnern beteiligten sich am Referendum für eine neue Verfassung, das Gambia nach zwei Jahren Militärherrschaft in die Demokratie führen soll. Schon in den frühen Morgenstunden des 8. August fanden sich lange Schlangen von Wählern, wohl wissend um die angenehme Kühle vor Sonnenaufgang, vor den Wahllokalen ein, um dort mit gelben Murmeln ihre Stimmen abzugeben. Mit 70,3 Prozent billigten sie das Gründungsdokument der „Zweiten Republik“, das nach der Vereidigung des demnächst zu wählenden Präsidenten in Kraft treten soll.

„Ich habe für Yahya gestimmt, und er hat gewonnen“, freute sich eine Wählerin am Morgen nach der Auszählung. Viele Gambier brachten mit ihren Jastimmen ihre Sympathien für die Herrschaft von Präsident Yahya Jammeh, der sich im Juli 1994 per Militärputsch an die Macht gehievt hatte, und seine Junta zum Ausdruck. Selbst manche Neinwähler sahen ihre Stimmenabgabe als Votum für die Militärs: Ein älterer Herr erklärte den Wahlhelfern, er werde seine Wahlmurmel in die „Nein“-Urne werfen, um zu verhindern, daß der 1994 weggeputschte Expräsident Dawda Jawara an die Macht zurückkehrt.

In den urbanen Ballungsgebieten an der Atlantikküste, wo etwa die Hälfte der Bürger leben, erhofften sich viele, die neue Verfassung würde eine reibungslose Rückkehr zum Mehrparteiensystem ermöglichen. Das Abstimmungsverhalten orientierte sich offensichtlich kaum am Inhalt der Verfassung. Der blieb weiten Teilen der Bevölkerung, die zu 72 Prozent aus Analphabeten besteht, unbekannt. Nicht diskutiert wurden somit kontroverse Bestimmungen des Verfassungstextes wie die Wiedereinführung der Todesstrafe oder die Schutzklausel für alle Mitglieder der Militärjunta: Sie ist ein „Persilschein“, der eine juristische Verfolgung Jammehs und seiner Regierung für Menschenrechtsverletzungen während der Militärherrschaft verhindert. Außerdem gibt es strittige Regelungen hinsichtlich der anvisierten Wahlen. Präsidentschaftskandidaten müssen seit mindestens fünf Jahren in Gambia wohnhaft sein, für die Kandidatur zur Nationalversammlung ist eine Mindestwohndauer von einem Jahr im Wahlbezirk Voraussetzung.

Die Regierung hat sowohl vor wie nach dem Referendum für Verwirrung gesorgt. Der erste Slogan der Jammeh-treuen Bewegung des 22. Juli – benannt nach dem Tag des Militärputsches – lautete: Keine Wahlen, Jammeh soll bleiben. Vorher hatte allerdings schon Expräsident Jawara aus dem englischen Exil die Verfassung als „Militärverfassung“ kritisiert. Als Jammehs Anhänger merkten, daß sie mit ihrer ablehnenden Haltung ihrem Rivalen zuarbeiten, lautete die neue Devise plötzlich: Verfassung ja, Wahlen nein. Dem konnten selbst die Gutwilligsten nicht mehr folgen.

Widersprüchlich ist auch die Art, wie Jammeh nach der Annahme der Verfassung mit dem bislang geltenden Parteienverbot umgegangen ist. Ein letzte Woche erlassenes Dekret erlaubt zwar Parteien, verwehrt aber Mitgliedern früherer Regierungen eine Kandidatur bei Wahlen und verbietet die frühere Regierungspartei Progressive Volkspartei (PPP) von Expräsident Jawara sowie die Oppositionsgruppen NCP (Nationale Konventionspartei) und GPP (Gambische Volkspartei).

Um sich noch zu formieren, bleibt der restlichen Opposition wenig Zeit. Zwar wurde die Präsidentschaftswahl schon vom 11. auf dem 26. September verschoben. Aber einer der möglicherweise aussichtsreichsten Kandidaten, Halifa Sallah, hat jetzt kategorisch erklärt, er werde nicht antreten. Sallah ist Herausgeber der angesehenen Zeitung Foroyaa und Führungspersönlichkeit der oppositionellen Volksdemokratischen Organisation für Unabhängigkeit und Sozialismus (PDOIS), die bei der städtischen Jugend sehr populär ist. Ob Jammeh selbst antritt, ist noch offen, aber er hätte alle organisatorischen Vorteile und viele Sympathien auf seiner Seite.

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