: Massaker an Busreisenden in Algerien
■ Ein mit Gewehren und Äxten bewaffnetes Kommando – vermutlich radikale Islamisten – ermordet 63 Menschen aus der Stadt Batna nach vorheriger Selektion
Kairo (AFP/AP) – In Algerien hat vermutlich ein Kommando radikaler Islamisten das schlimmste Massaker an Zivilisten seit Beginn des Bürgerkriegs Anfang 1992 verübt. 63 Menschen aus Batna wurden grausam ermordet, darunter viele Frauen, alte Leute und Kinder, wie die in Kairo erscheinende Tageszeitung El Hajat gestern berichtete. Einwohner von Batna bestätigten am Telefon, daß es ein Massaker gegeben habe, konnten jedoch keine Opferzahl angeben.
Batna, etwa 350 Kilomter südöstlich der Hauptstadt Algier gelegen, ist die Heimatstadt des algerischen Präsidenten Liamine Zeroual. Die Bürger der Stadt hatten bei den Präsidentschaftswahlen im November letzten Jahres mit überwältigender Mehrheit für ihn gestimmt.
El Hajat berief sich auf Augenzeugen, die das Massaker überlebten. Danach hielt das aus etwa hundert Islamisten bestehende Kommando am Samstag an einer falschen Straßensperre zwei Busse an, die in der Region Aures nach Batna unterwegs waren. Sie zwangen die Passagiere, sich auszuweisen. Danach schnitten sie sämtlichen Passagieren, die aus Batna stammten, die Kehlen durch.
Das Kommando war laut El Hajat mit Gewehren, Messern und Äxten bewaffnet. Es war das erste Mal, daß gezielt Einwohner einer Region Opfer eines derartigen Überfalls wurden. Am Sonntag hatte die algerische Zeitung El Watan berichtet, bei einem Überfall auf einen Bus südlich von Algier seien am vergangenen Donnerstag 17 junge Algerier grausam ermordet worden. Nach einen Bericht der britischen Rundfunkanstalt BBC hatten sie sich geweigert, sich den Islamisten anzuschließen.
Die algerischen Behörden bestätigten zunächst keinen der Überfälle. Auch hatte sich bis gestern nachmittag keine Organisation zu den Massakern bekannt.
In Algerien liefert sich die Militärregierung seit vier Jahren einen Machtkampf mit mehreren Gruppen radikaler Islamisten. Dabei wurden nach unabhängigen Schätzungen zwischen 50.000 und 60.000 Menschen getötet.
Ausgangspunkt des Machtkampfs war der sich abzeichnende Wahlsieg der Islamischen Heilsfront (FIS) im Dezember 1991, den die Regierung nicht zugestehen wollte. Daraufhin begannen radikale Islamisten mit dem bewaffneten Kampf, der sich gegen die algerischen Sicherheitskräfte, aber auch gegen Ausländer, Intellektuelle, Kirchenvertreter und ganz normale Bürger richtet. Die algerischen Behörden veröffentlichen ihrerseits regelmäßig Angaben über die Zahl bewaffneter Islamisten, die bei Aktionen von Polizei und Militär erschossen werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen