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Schulen in prekärer Lage

■ Der Schulanfang ist überstanden, doch das Gezerre um das Haushaltsloch im Bildungsressort geht weiter

„Das Schuljahr hat geordnet begonnen“ – zu diesem Schluß kommt Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs, die eine Woche nach Schulbeginn ein erstes Sparfazit zog. Nur zwei der 170 Bremer Schulen konnten nicht „gerecht mit Lehrern versorgt werden“, so Kahrs. An den Grundschulen sieht es am schlechtesten aus: Jede Klasse müsse jetzt einen Schüler mehr, dafür aber eine Stunde weniger Unterricht verkraften. „Das ist eine deutlich prekäre Lage“, gibt die Bildungssenatorin unverblümt zu.

„Wir müssen mit den Kürzungen leben“, hatten Grundschulleiter aus der Streikhochburg vom vergangenen Schuljahr gegen die geplanten Kürzungen der Lehrer-Stundenzuweisungen am ersten Schultag deutlich gemacht. Laut Kahrs sitzen in den 170 Bremer Schulen jetzt 1.900 mehr Schüler als im vergangen Jahr, 1.000 davon kommen allein auf die gebeutelten Grundschulen zu. „Wir konnten fast alle gerecht mit Lehrern versorgen“, sagt die Bildungssenatorin. Nur die Grundschule Düsseldorfer Straße und die Sonderschule „Am Wasser“ in Bremen Nord melden fünf bis zehn Prozent höheren Lehrerbedarf. Allgemein sei der befürchtete Lehrermangel jedoch durch rund 133 Versetzungen an unterversorgte Schulen ausgeglichen worden. Schließlich haben die Schulen in diesem Jahr mit 103 Ausfällen wegen Pensionierungen zu kämpfen. Dank des Senatsbeschlusses kamen 30 neue Stellen und 74 Stellen aus außerschulischen Bereichen dazu. „Die konnten aber nicht allein für die Grundschulen genutzt werden“, erklärt Kahrs, „deshalb ist es dort zu deutlichen Verschlechterung gekommen.“

Während Kahrs in punkto Schulanfang noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen ist, steht der Ärger weiter vor der Tür. Wie ein Damoklesschwert hängt das Acht-Millionen-Loch im Bildungs- und Kulturhaushalt über der gebeutelten Bildungssenatorin. Und das Gezerre im Senat um die Haushaltslücke geht weiter. „Unglaublich“ findet es Kahrs, daß der Haushaltsausschuß sämtliche Finanzvorlagen des Bildungsressorts boykottiert. Dieser will so lange nicht entscheiden, bis die Bildungssenatorin eigene Vorschläge zum Haushaltslochstopfen macht. Doch für Kahrs ist Sparen nicht mehr drin und Vorschläge hätte sie schon einige gemacht: Die Idee, das Loch aus dem Stadtreparaturfonds zu stopfen, sei an der CDU-Fraktion gescheitert. Auch einen Nachtragshaushalt über acht Millionen Mark habe der Senat bisher nicht angenommen. Die Senatorin zeigt sich beleidigt und setzt dem Haushaltsausschuß jetzt die Pistole auf die Brust: Bis zum Freitag müsse klar sein, woher das fehlende Geld kommen soll.

Als Haushaltsgezerre bezeichnet das die Grünen-Fraktion und reagiert ungehalten: „Der Senat soll endlich einen Schlußstrich ziehen und der Senatorin die fehlenden Millionen zur Verfügung stellen“, erklärte der bildungspolitische Sprecher Helmut Zachau. Der Bildungshaushalt solle so lange vom Haushaltsausschuß bewirtschaftet werden, bis Kahrs ein „durchsichtiges Controllingverfahren vorgelegt habe.“ Jede Verzögerung treffe letztlich nur die Schüler.

Nicht nur die Schüler, auch die Studenten werden das fette Loch im Bildungssäckel zu spüren bekommen: Vor einer Woche stimmte die Bildungsdeputation den Kürzungsvorschlägen des Senats für den Hochschul- und Forschungsbereich zu. Das größte Opfer wird dabei die Staats- und Universitätsbibliothek erbringen müssen: rund 555.000 Mark weniger für neue Bücher und andere Sachmittel. Damit hatte Bibliotheksdirektorin Anette Rath-Beckmann gerechnet und vorerst einen Bestellstopp verhängt. Doch den will sie jetzt aufgeben. Denn die Deputation habe außerdem entschieden, freiwerdende Gelder sofort an die Bibliothekskasse zu überweisen. Woher diese jedoch kommen sollen, vermochte die Direktorin nicht zu sagen. Sie will jetzt wieder kräftig Bestellcoupons ausfüllen, schließlich wird die Unibibliothek gerade mit zehn Millionen Mark vom Land Bremen vergrößert und der Buchbestand auf 2,9 Millionen Bände erhöht. Da soll das ganze Geld ja nicht umsonst verbaut werden. kat

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