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NachgefragtBeschwerden fischen

■ Interview mit dem Arnsberger Bürgermeister Alex Paust (vgl. S.21)

taz: Herr Paust, die Stadt Arnsberg hat den „Verwaltungs-Management-Award '96 gewonnen. Was haben Sie, was andere Städte nicht haben?

Bürgermeister von Arnsberg, Alex Paust: Wir haben die Stadtverwaltung zu einem kundenorientierten Dienstleistungsunternehmen umgebaut.

Das wollen viele Städte. Wie haben Sie das geschafft?

Durch Bürgerbeteiligung und ein aktives Beschwerde-Management. Unser Motto heißt: „Fishing for Beschwerden“. Das ganze zielt darauf ab, die Bürger aktiv an der Willensbildung zu beteiligen und Dinge, wie zum Beispiel die Politikverdrossenheit, aufzubrechen.

Mündliche Beschwerden, die entweder telefonisch oder persönlich vorgebracht worden sind, sollen in Arnsberg innerhalb von 24 Stunden bearbeitet werden. Bürger, die sich schriftlich beschwert haben, sollen nicht länger als maximal eine Woche auf eine Antwort warten. Wird diese Frist immer eingehalten?

In aller Regel – ja. Die Beschwerdestelle hat Zugriff auf die Ämter der Verwaltung. Die Ämter sind angehalten, innerhalb dieser kurzen Zeit zu antworten. Es gibt natürlich auch Vorgänge, die nicht von jetzt auf gleich bearbeitet werden können, zum Beispiel bei der Sozialhilfe oder dem Planungsrecht. Aber das wird den Beschwerdeführern erklärt und sie haben das Gefühl, daß ihr Anliegen in Arbeit ist.

Die Bürgerberatung in Bremen zählt 2.500 bis 3.000 Beschwerden im Jahr. Wie oft beschweren sich die Arnsberger?

Im Schnitt kommen wir auf 1.000 Beschwerden pro Jahr. Wir haben das hochgerechnet. Man muß schließlich berücksichtigen, daß sich immer nur ein Teil der Bürger beschwert. Nach den Erfahrungen der Sozialforschung bedeutet das, daß es 25mal soviele größere und kleinere Anlässe gibt, über die sich die Bürger ärgern.

Was haben Sie aufgrund von Beschwerden geändert?

Beschwerden, die auf allgemeine Mängel hinweisen, sind sehr wichtig. In Arnsberg ließ das Ortsrecht für die Friedhöfe zum Beispiel nur die Bestattung von zwei Urnen auf einem Urnengrab zu. Darüber haben sich Bürger beschwert. Die Satzung wurde geändert. Jetzt können vier Urnen in einer Grabstätte beigesetzt werden. Die Kosten sind gesenkt worden, und der Flächenverbrauch für die Friedhöfe ist zurückgegangen.

In den Stadtbüros kann man sich auch samstags ummelden...

... und nicht nur das. Die Stadtbüros sind über die elektronische Datenverarbeitung mit den Ämtern verbunden, so daß Sie dort von „A bis Z“ alles erledigen können: Sie können die Abfallbeseitigung regeln, einen Familienpaß beantragen, sich ummelden, Gewerbeangelegenheiten erledigen. Sie können sogar Karten für Veranstaltungen kaufen.

Wieviel Stadtbüros gibt es?

Wir haben in den vier zentralen Stadtteilen Stadtbüros. Die Büros sind montags bis freitags ab 8.30 Uhr geöffnet, an zwei Tagen in der Woche bis 18 Uhr. Samstags sind die Büros von von neun bis zwölf Uhr offen.

Im Rahmen der Verwaltungsreform ist die Stadt Arnsberg auch dazu übergegangen, bestimmte Einrichtungen an Bürger, Vereine oder Stadtteile zu übertragen.

Das ist die dritte Säule unseres Modells. Die Sportstätten werden beipielsweise auf die Vereine übertragen. Auch der komplette Betrieb eines Freibades kann einem Verein übertragen werden.

Und wer zahlt die Defizite?

Wenn wir zum Beispiel Sportanlagen auf Vereine übertragen, bekommen die Vereine 70 Prozent der bisherigen Kosten von uns zur Verfügung gestellt . Damit müssen die wirtschaften. Das heißt, wir haben 30 Prozent eingespart. Und das kommt unserer Haushaltslage sehr zugute.

Int.: Kerstin Schneider

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