: Sender im Sender
■ Vom Südwesten soll die Neuordnung der ARD ausgehen - doch außer SDR und SWF halten sich die Sender bedeckt
Gerade hatte der Sprecher des Saarländischen Rundfunks (SR) noch einmal all die Argumente ausgebreitet, die für den Fortbestand des kleinen Landessenders sprechen – der Föderalismus, die Effektivität, die Nähe zum Publikum – da kam sein Redefluß jäh ins Stocken. Ein tiefer Donner zog durch das Saartal – wäre es ein Film gewesen, hätte man gewußt, wie man diesen zu interpretieren hat.
Aufgrollende Existenzgefährdungen sind die kleinen ARD- Sender gewöhnt: Mal ist es ein Interview des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, mal der Unwille der Intendantenkollegen, die Kleinen weiterhin über den ARD-Finanzausgleich zu alimentieren, aus dem SR und Radio Bremen 43 Prozent ihres Etats bestreiten. Immer wenn die Rede auf die Neuordnung der ARD kommt, wird die Frage nach der Legitimation der beiden gestellt. So wie jetzt: Als sich die Staatskanzleichefs der Länder letzte Woche auf den endgültigen Text der neuen Rundfunkstaatsverträge einigten, wurde eine Protokollerklärung aufgenommen, die von den betroffenen Ländern zügig „konkrete Lösungen“ erwartet. Die wollen sich die Ministerpräsidenten bis Mitte 1999 anschauen, was in der ARD-Zeitrechnung ein kurzer Zeitraum ist.
Dann soll der ARD-Staatsvertrag neugefaßt werden, bei dem vor allem Bayern und Sachsen das Ziel verfolgen, die Öffentlich- Rechtlichen kurz- und kleinzuhalten. Das muß aber nicht heißen, daß sich die ARD-Struktur tatsächlich ändern wird. Das Saarland und Bremen haben bereits nochmals deutlich gemacht, daß sie ihre Sender behalten wollen.
Mit einer anderen Senderfusion scheint es seit vergangener Woche zu klappen: Da legten die Intendanten des Süddeutschen Rundfunks (SDR) und des Südwestfunks (SWF) ein Papier vor, das Ideen für die Neugründung einer Rundfunkanstalt für Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ausmalt. Noch sind diese wenig konkret: Sitz der neuen Anstalt sollen mit Stuttgart und Mainz gleich zwei Städte sein, andererseits aber irgendwie auch Baden-Baden, der SWF-Standort. Innerhalb des Senders gibt es möglicherweise auch noch „Landessender“. Das bislang schon gemeinsam mit dem SR betriebene TV-Programm der Großanstalt soll viel regionaler werden. Und Radioprogramme will man eher auf- als zumachen. Wenngleich die Macher des Stuttgarter SDR 3 schon ihr Ende als Dudelformat von SWF 3 fürchten.
Zumindest wird das Intendantenpapier ernstgenommen, und nur wer einen Blick auf die Vergangenheit des Rundfunks Süd- Südwest wirft, kann erahnen, was die acht Seiten trotz der vagen Sätze bedeuten: Die kuriose Situation, daß es in einem Land eine Halbländeranstalt (den SDR) und einen Anderthalbländersender (den SWF) gibt, hatte sich trotz zahlreicher Versuche als überraschend zählebig erwiesen. Nun ist das Sendermachen eigentlich Aufgabe der Politik, und die sieht sich plötzlich von den Intendanten angeschoben. Dem Pfälzer Regierungschef Kurt Beck (SPD) scheint das recht zu sein – er will im September mit dem Stuttgarter Kollegen reden und „bis Ende 1997“ mit dem neuen Sender fertig sein, wie er vergangene Woche der taz sagte (siehe dazu das Interview vom 19. August auf der Medienseite).
Der Hauptgrund für eine Fusion ist natürlich das Geld. Schon die Einsparung einer Intendanz dürfte ordentlich Geld sparen helfen: SDR-Chef Hermann Fünfgeld geht bald in Pension, Peter Voß vom SWF könnte dann den neuen Laden übernehmen. Bei der Taxierung des sonstigen Einsparvolumens ist man inzwischen allerdings vorsichtig geworden: War anfangs von 110 Millionen Mark die Rede, nannte Beck im letzten Jahr 40 Millionen – seitdem hört man gar nichts mehr.
Eigentlich hatten ja der Ostdeutsche Rundfuk Brandenburg (ORB) und der Sender Freies Berlin (SFB) die Vorreiter für die ARD-Strukturreform sein wollen. Doch in Berlin und Brandenburg blieb es erstaunlich ruhig nach dem frischen Südwind: SFB-Intendant Günter von Lojewski sagte letzte Woche vor dem Rundfunkrat, auch zusammen mit dem ORB sei man ja nicht größer als der SWF allein. Und ORB-Chef Rosenbauer meinte, allerhand von dem, was SWF und SDR vorhätten, habe man ja mit dem SFB längst gemacht. Nur eben noch keine gemeinsamen Intendantenpläne. Lutz Meier
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