: Fünfzehn Jahre nach der „Traumhochzeit“ fand die Ehe von Diana Spencer und Windsors Charles gestern ihr nüchternes Ende. Der Queen ist durch die zahllosen Affären der Royal Family immerhin eins klargeworden: Die britische Monarchie kann nur durch geschickte Öffentlichkeitsarbeit überleben Von Ralf Sotscheck
Wales vs. Wales bringt Royals auf den Teppich
Während ein Beamter im Londoner Familiengericht gegen eine Gebühr von 20 Pfund ihre Ehe auflöste, saß Diana gestern beim Lunch im Studio des englischen Nationalballets. Man hatte sie als „Diana, Prinzessin von Wales“ angekündigt, denn in dem Moment, als der Stempel des Gerichtsbeamten auf das Papier niedersauste, war sie schon keine „Königliche Hoheit“ mehr – banales Ende einer Ehe, die vor 15 Jahren mit landesweitem Glockenläuten und weltweiter Fernsehübertragung begonnen hatte.
„An eurem Hochzeitstag, Charles und Diana, begrüßen Amseln in allen Kirchhöfen freudig die Dämmerung“, schrieb damals der Hofdichter John Betjeman, der diese Zeilen wohl schon hundert Mal bereut hat. Gestern dichtete sein Kollege Michael Horovitz hämisch: „Teddybär Betjemans Lied hat einen neuen Refrain. Eine Hochzeit ist voller Hoffnung, aber eine Scheidung ist realer. Warum auf den Leichenwagen warten? Jetzt heult bloß nicht!“
Nein, geweint hat gestern niemand, denn die Traumhochzeit war schon vor zehn Jahren zur Schmierenkomödie geworden. Diana hatte eine Affäre mit ihrem Reitlehrer James Hewitt, Charles mit seiner Jugendliebe Camilla Parker-Bowles. Die Nation war stets dabei und lauschte auf Sonderleitungen den heimlich aufgezeichneten intimen Telefongesprächen der Ehebrecher. So erfuhren die überraschten Untertanen, daß ihr künftiger König davon träumte, als Tampon seiner Geliebten wiedergeboren zu werden.
Heiraten soll er Camilla nicht, wenn es nach den Mirror-Lesern geht: 88 Prozent haben sich bei einer Umfrage dagegen ausgesprochen. Das habe er auch gar nicht vor, erklärte Charles und drohte rechtliche Schritte gegen die News of the World an, die vor ein paar Tagen Fotos von ihm und Camilla auf einem Landsitz in Südwales abgedruckt hatte. Der Fotograf habe einen Hinweis „aus Hofkreisen“ bekommen, sagte der Chefredakteur. Nun rätseln die Paparazzi, ob Charles die Nation an Camilla gewöhnen will, damit sich die beiden eines Tages in aller Öffentlichkeit zusammen zeigen können. Oder war es Diana, die das Rendezvous verraten hatte, weil sie ihren Ex-Traumprinzen als unsensiblen Trampel outen wollte?
Tories und Labour auf dem falschen Fuß erwischt
Wie dem auch sei – die Zeiten, da Mitglieder der Königsfamilie ihre privaten Angelegenheiten im verborgenen regeln konnten, sind längst vorbei. Heutzutage entscheidet die Boulevardpresse darüber, welchen Ruf die Royals genießen. Daß er angeschlagen ist, hat sich inzwischen bis zum Buckingham-Palast herumgesprochen. Auf einmal ist auch Königin Elisabeth klargeworden, daß die britische Monarchie nur durch geschickte Öffentlichkeitsarbeit überleben kann.
Der PR-Thinktank, den sie mit Sohn und Ehemann und einer Reihe von Beratern gebildet hat, machte vorletzte Woche ein paar Reformvorschläge: So will sie auf die Apanage verzichten und statt dessen die Einnahmen aus den königlichen Ländereien, die bisher an den Fiskus fielen, selbst einstreichen – kein schlechter Tausch, sind sie doch um ein vielfaches höher.
Des weiteren soll die königliche Familie Großbritanniens auf den Monarchen und die direkten Thronfolger beschränkt werden, wodurch mehrere Dutzend Verwandte auf einen Schlag arbeitslos würden. Die Krone soll künftig an das erstgeborene Kind und nicht notwendigerweise an den erstgeborenen Sohn fallen. Und schließlich sollen die Monarchen nicht mehr länger Oberhaupt der anglikanischen Kirche sein und sogar Katholiken heiraten dürfen.
Die königlichen überlegungen haben Tories und Labour Party auf dem falschen Fuß erwischt. Eine Woche zuvor hatte nämlich die mit Labour eng verbundene Fabian Society ähnliche Vorschläge gemacht. Michael Portillo, der Verteidigungsminister und Tory- Rechtsaußen, warnte, daß „die Einmischung in die Monarchie die gesamte Nation gefährden“ würde. Die Labour Party distanzierte sich geschwind von ihrer Fabian Society und versprach, daß das Papier nicht die geringsten Auswirkungen auf die Labour-Politik haben werde. Auf die Reformideen aus dem Buckingham-Palast reagierten beide Parteien mit betretenem Schweigen.
Nicht jedoch die Medien: Vor allem die seriösen Tageszeitungen haben eine grundsätzliche Diskussion über die Monarchie vom Zaun gebrochen. Es sei ja schön und gut, daß auch Töchter künftig den Thron erben sollen, schrieb der Independent on Sunday, aber warum soll er überhaupt vererbbar sein? Das sei doch vollkommen absurd.
Dem Labour-Chef warf das Blatt Heuchelei vor: Tony Blair hatte die Vererbbarkeit von Adelstiteln in bezug auf das House of Lords als Anachronismus bezeichnet, aber vor den Windsors haltgemacht. „Das ist das Problem mit einer stückweisen Reform der Monarchie“, kommentierte die Zeitung. „Die ganze Institution ist ein Anachronismus, und kleinere Anpassungen halten den Anforderungen in einer modernen Welt nicht stand.“ Der Guardian sprach der Königsfamilie sogar das Recht ab, über die Art der Reformen selbst zu entscheiden – das sei, als ob man den Bock zum Gärtner mache.
Diana kann das fortan egal sein. Niemand muß vor ihr einen Hofknicks machen, aber dafür hat sie nun 15 Millionen Pfund (etwa 36 Millionen Mark) mehr auf dem Konto, und jedes Jahr kommt eine halbe Million hinzu, die ihr Ex- Ehemann für die laufenden Kosten und die gemeinsamen Kinder, den 14jährigen William und den elfjährigen Harry, überweist. Vorgestern hat sie den 53jährigen Michael Gibbins als Finanzberater eingestellt. Über die Hochzeitsgeschenke habe man sich auch geeinigt, heißt es. Es ging dabei um mehr als 6.000 Präsente, von Diamanten und Ölgemälden bis hin zu Jersey-Kühen und hölzernen Wäscheklammern. Der Krönung von Charles III. steht nun nichts mehr im Wege. Eins wird die Queen trösten: Sie wird es nicht erleben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen