: Tuten und Blasen klaglos hinnehmen
Holzhafen: Wohnen am Fluß zum Preis von Klageverzicht gegen Hafenlärm ■ Von Silke Mertins
Der Traum vom Wohnen am Fluß, vom Blick auf die Elbe und Hafenatmosphäre im Wohnzimmer ist am Holzhafen seiner Realisierung ein Stück näher gekommen: Am Donnerstag abend beschloß die Bezirksversammlung Altona, der Senatsdrucksache zur Bebauung des Gebiets am Fischmarkt zuzustimmen.
Das Wohnen am Wasser ist demnach unter der Bedingung möglich, daß eine Klageverzichts-Klausel in bezug auf den Hafenlärm ins Grundbuch eingetragen wird. Dieser juristische Kniff soll eine Vereinbarkeit von Wohnen und Hafenbetrieb ermöglichen. Konkret geht es um die geplante Hafenrandbebauung der Firma Büll & Liedtke zwischen Fischauktionshalle und Fährschiffanleger.
„Es gab die irrsinnige Vorstellung, daß in der ersten Reihe Büros gebaut werden und die Menschen die an der Elbe wohnen, nur auf Büros gucken sollten“, erinnert der SPD-Fraktionschef Horst Emmel an die ursprünglichen Pläne. Denn die Stadtentwicklungsbehörde hatte Wohnbebauung mit der Begründung abgelehnt, Lärmschutzklagen von AnwohnerInnen könnten den Hafenbetrieb gefährden. Eine solche Begründung wollte die rot-grüne Altonaer Koalition nicht gelten lassen, und forderte die Behörde auf, zu prüfen, wie man Lärmschutzklagen juristisch ausschließen und damit Wohnzimmer mit Aussicht ermöglichen kann.
Dies hat die Steb nun getan und der Bezirksversammlung vorgelegt. Mit einer Eintragung ins Grundbuch wird der Klageweg für den Eigentümer und „mittelbar“ auch für den Mieter versperrt. Das Gebiet kann somit als „Kerngebiet“ (im Gegensatz zu „Wohngebiet“) ausgewiesen werden, in dem Wohnen durch die Lärmschutzklausel „ausnahmsweise“ möglich ist. Damit steht dem Bebauungsplan für „Altona-Altstadt Süd“ und „Ottensen 1“ jetzt eigentlich nichts mehr im Wege. Trotzdem forderte der GAL-Fraktionschef aus Altona, Olaf Wuttke, den Senat noch einmal auf zu prüfen, ob diese juristische Lösung wirklich „rechtlich unangreifbar“ ist. Außerdem verlangt Rot-Grün, das Grundstück Ecke Breite Straße und Carsten-Rehder-Straße (Fischmarkt) als Wohngebiet und nicht als Kerngebiet auszuweisen. Hier sind auch bereits Wohnungen in Planung.
Damit Wohnen am Fluß aber nicht zur Folter fürs Trommelfell wird, wurde gleichzeitig der Möglichkeit nachgegangen, den Hafenlärm zu reduzieren. Denn AnwohnerInnen-Initiativen haben dem Hafen-Getöse bereits den Kampf angesagt. Nervensägend sind vor allem die Heultöne der „Van-Carriers“, mit denen die Container verladen werden. In einem Gutachten ließ die zuständige „Hamburger Hafen- und Lagerhaus-Aktiengesellschaft“ (HHLA) eruieren, welche Spielräume dem Hafenbetrieb zur Verfügung stehen. Denn die heulenden Warnsignale sind arbeitsschutzrechtlich unabdingbar, „damit keine Menschen und Materialien zu Schaden kommen“, so HHLA-Pressesprecher Heinz Oberlach. Besonders ohrenbetäubend ist der Hafenlärm bei feuchter Wetterlage, weiß die HHLA. „Bei hoher Luftfeuchtigkeit kann sich der Schall verdoppeln“, so Oberlach.
Obwohl die schriftliche Fassung des Gutachtens erst im September vorliegen wird, ist die HHLA „stolz“, schon jetzt Lärm-Verbesserungen in die Wege zu leiten. Denn man habe sich während der Sommerpause mit dem Amt für Arbeitsschutz beraten, um lärmreduzierende „Lockerungen bis an die Grenze des arbeitsschutzrechtlich vertretbaren“ umzusetzen.
Das Ergebnis: Das Geheule, das der „Van-Carrier“ automatisch ausstößt, sobald er rückwärts fährt, soll künftig kein Dauerton mehr sein, sondern nur noch ein Aufjaulen, wenn er anfährt. Ein Scheinwerfer soll die Warnung verstärken. Außerdem wird auf das Getöne beim Verschieben der Container-Brücke verzichtet und werden die optischen Warnvorrichtungen (Warnlicht) verbessert.
Schließlich wolle man „gute Nachbarschaft“ mit den AnwohnerInnen, gelobt HHLA-Sprecher Oberlach. Und da tue man eben, was man kann.
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